SPD-Politiker Förster verhaftet
SPD-Politiker soll auch wehrlose Frau missbraucht haben – Haftbefehl erlassen
AUGSBURG (AFP/lz) - Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat den Ex-Chef der Schwaben-SPD und Landtagsabgeordneten Linus Förster festnehmen lassen. Gegen den 51-Jährigen habe sich der dringende Tatverdacht auf weitere Straftaten ergeben, teilten die Ermittler am Freitag mit. Förster werden nun auch schwerer sexueller Missbrauch eines widerstandsunfähigen Menschen und der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. Bisher war bekannt, dass Förster heimlich Sex mit einer Prostituierten gefilmt haben soll und dass er diese danach im Streit verletzt hat.
AUGSBURG - Es ist ein Absturz, wie ihn sich vor wenigen Wochen noch niemand vorstellen konnte: Der bayerische Landtagsabgeordnete Linus Förster aus Augsburg sitzt seit Freitagmorgen in Untersuchungshaft. Bis Mitte November war der 51Jährige noch einer der führenden Köpfe der SPD im Freistaat. Doch seit Bekanntwerden der Ermittlungen sind die Vorwürfe gegen Förster immer schwerwiegender geworden.
Bislang legte ihm die Augsburger Staatsanwaltschaft Körperverletzung und illegale Filmaufnahmen zur Last. Nun wirft sie ihm auch den Besitz von Kinderpornografie vor. Und den schweren sexuellen Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person. Dieser Vorwurf hat den Ausschlag für die Verhaftung gegeben. Was im Juristendeutsch sperrig klingt, bedeutet, dass Förster sich sexuell an einer volljährigen Frau vergangen hat, die zu diesem Zeitpunkt nicht Herr ihrer Sinne war. Sei es, weil sie Alkohol, Tabletten oder Drogen genommen hat, weil sie schlief oder weil sie behindert ist. Nähere Angaben dazu gibt es offiziell nicht. Was es aber nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“gibt, ist ein Video, auf dem Förster selbst seine sexuellen Handlungen an der Frau dokumentiert haben soll.
Am Mittwoch hatte die Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten beantragt, die am Abend einstimmig vom Rechtsausschuss des Landtags beschlossen wurde. Förster wurde dann am Donnerstagabend gegen 20.30 Uhr in einer psychosomatischen Klinik im niederbayerischen Bad Griesbach (Landkreis Passau) verhaftet. Er hielt sich dort zur Behandlung auf. Der Abgeordnete wurde nachts in den Polizeiarrest nach Augsburg gebracht. Gegen 9.30 Uhr wurde ihm im Strafjustizzentrum der Haftbefehl eröffnet. Förster machte keine Angaben. Dann wurde er ins Gefängnis nach Gablingen (Landkreis Augsburg) gefahren.
„Es geht ihm nicht gut. Er hat mit einer Verhaftung überhaupt nicht gerechnet“, berichtete Försters Anwalt Walter Rubach nach einem Treffen am Freitagmorgen.
Seit 1984 bei der SPD
Angesichts der schweren Anschuldigungen sind zwei Szenarien sehr unwahrscheinlich. Erstens: Dass das Verfahren mit einem Strafbefehl enden könnte. Vielmehr kann schon jetzt als sicher gelten, dass es zu einer Anklage und zu einem öffentlichen Prozess kommen wird. Und zweitens: Dass Förster bis zum Beginn der Hauptverhandlung auf freien Fuß kommt.
Linus Förster saß seit 2003 für die SPD, der er seit 1984 angehörte, im Landtag. Schon früh war er politisch aktiv. Er war Chef des Augsburger Stadtjugendrings, studierte Politik an der Uni in Augsburg, war dort auch Dozent und promovierte zum Dr. phil. Zuletzt war Förster schwäbischer SPD-Bezirkschef.
Nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe war er Ende November von allen Ämtern zurückgetreten, hatte die SPD verlassen und angekündigt, das Landtagsmandat zum Jahresende niederzulegen. Anton Preis, Pressesprecher des Landtags, bestätigte am Freitag, dass dies formell in die Wege geleitet sei. Mit Ablauf des Jahres verliere Förster das Mandat. Es dürfte einmalig sein, dass ein aktiver bayerischer Landtagsabgeordneter in Untersuchungshaft genommen wird. Im Landtag ist jedenfalls kein vergleichbarer Fall bekannt, sagte Preis.
Dimension übersteigt Fall Edathy
Wenn sich die neuen Anschuldigungen bestätigen sollten, droht Förster eine mehrjährige Haftstrafe. Die Dimensionen überstiegen dann jene des Falls Edathy bei Weitem. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete hatte sich pornografische Bilder von Kindern und Jugendlichen verschafft. Nach der Affäre wurde das Gesetz verschärft (Text links). Seitdem können Nacktbilder von Kindern und Jugendlichen auch dann strafbar sein, wenn es sich nicht um Kinderpornografie handelt. Edathy lebt heute zurückgezogen im Ausland.