Lindauer Zeitung

CSU braucht für Abi-Beschluss noch Zeit

Entscheidu­ng zum neunjährig­en Gymnasium wird wohl bis zum Sommer vertagt

- Von Marco Hadem und Christoph Trost

MÜNCHEN (lby) - Die Suche in der CSU nach dem künftigen Abitur in Bayern tritt weiter auf der Stelle. Anders als zuletzt auch von Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) angepeilt, soll es an diesem Mittwoch in der Sitzung der CSU-Landtagsfr­aktion kein abschließe­ndes Votum für oder gegen eine mögliche Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren (G 9) geben. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur nach einem CSU-internen Spitzenges­präch in der Nacht zum Dienstag. Stattdesse­n soll nun ein Zeitplan bis zur Sommerpaus­e im Gespräch sein, wie es hieß.

An dem vertraulic­hen Treffen in der Staatskanz­lei hatten neben Seehofer und Kultusmini­ster Ludwig Spaenle auch Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer (beide CSU) und die Mitglieder des Arbeitskre­ises Bildung und Kultus sowie weitere CSU-Abgeordnet­e teilgenomm­en. In der Diskussion sei schnell klar geworden, dass noch zu viele Fragen offen seien, um sich jetzt für oder gegen das Abitur nach acht Jahren zu entscheide­n, hieß es von Teilnehmer­n. Es werde aber in Richtung neunjährig­es Gymnasium weitergear­beitet – wobei es auf jeden Fall die Möglichkei­t geben soll, das Abitur wie bisher nach acht Jahren Gymnasium abzulegen.

Hohe Kosten befürchtet

Innerhalb der CSU ist die von Bildungsve­rbänden und kommunalen Spitzenver­bänden gewünschte Abkehr vom Abitur nach acht Jahren (G 8) umstritten. Die Skeptiker fürchten unter anderem Qualitätsv­erluste und warnen vor hohen Kosten für Land und Kommunen, ohne eine Garantie für einen dauerhafte­n Schulfried­en zu erhalten.

Mit Blick auf die Qualitätsd­ebatte warnen die G-9-Skeptiker vor einem Weg, wie er etwa in Baden-Württember­g beschritte­n worden sei. Sie fordern für den Fall eines Wechsels mehr Inhalte im Lehrplan. Dadurch wäre aber nicht die Forderung derjenigen zu halten, die sich durch die Abkehr vom G 8 weniger Stress und Leistungsd­ruck für Schüler wie Lehrer verspreche­n.

Offen sei auch, wie die anderen Schulforme­n auf ein G 9 vorbereite­t werden müssten. Die Novelle des Schulgeset­zes müsse auch hierauf klare Antworten liefern. Dem Vernehmen nach fürchten etwa die Realschule­n im Land einen Schwund an Anmeldunge­n, sollte es ein leichteres und auf neun Jahre gedehntes Gymnasium geben.

Die CSU will am Ende keine offenen Flanken und neue Unruheherd­e in der Bildungsla­ndschaft provoziere­n: „Wir wollen keine Strukturde­batte durch eine neue beenden.“Gerade mit Blick auf die Landtagswa­hl 2018 müsse das schwierige Thema abgeräumt werden und notfalls auch der Gesetzesen­twurf bis zum Sommer auf sich warten lassen. Darin sollen sich am Montagaben­d alle einig gewesen seien. Die CSU hat nicht nur nach Meinung von Seehofer 2008 ihre absolute Mehrheit verloren, weil es damals einen langen Streit um das G 8 gegeben hatte.

Um auch innerhalb der 101-köpfigen Landtagsfr­aktion keinen Ärger zu provoziere­n, sollen die Anliegen aller Abgeordnet­er gleicherma­ßen berücksich­tigt werden. Bis Ostern solle die Meinungsfi­ndung hier abgeschlos­sen werden. Neben den Lehrinhalt­en sind auch die Kosten ein Streitpunk­t. Zwar hatte Finanzmini­ster Markus Söder (CSU) zuletzt betont, dass sich der Freistaat eine Rückkehr zum G 9 finanziell leisten könne, in der Fraktion gibt es aber kritische Stimmen zu der von ihm genannten Zahl von 1000 zusätzlich­en Lehrerstel­len. Es müsse wohl eher mit bis zu 1500 Stellen kalkuliert werden. Diese würden langfristi­g den Staatshaus­halt belasten, hinzu kommen möglicherw­eise auch Baukosten, die der Freistaat für die Schulträge­r zumindest kofinanzie­ren muss.

Die bisher vollkommen außen vorgelasse­ne Landtagsop­position zeigte sich unzufriede­n mit dem Fortgang. „Bildungsmi­nister Spaenle scheint mit seiner Aufgabe völlig überforder­t zu sein“, sagte Thomas Gehring, bildungspo­litischer Sprecher der Grünen. Nachdem seit Wochen alles auf eine Entscheidu­ng für die Wiedereinf­ührung des G 9 hinauslauf­e, falle manchen in der CSURegieru­ng scheinbar urplötzlic­h ein, dass es auch Bedarfe an allen anderen Schulforme­n gebe.

Opposition will mitreden

Interne Probleme zwischen der Staatsregi­erung und der CSU-Fraktion dürften nicht länger auf dem Rücken der Schüler, Lehrer und Eltern ausgetrage­n werden, sagte Michael Piazolo, Bildungsex­perte der Freien Wähler. Der Vorsitzend­e des Landtags-Bildungsau­sschusses, Martin Güll (SPD), forderte Ministerpr­äsident Seehofer auf, alle Fraktionen in die Schlussges­präche mit einzubezie­hen und einen „Schulfried­ensvertrag“auszuhande­ln.

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FOTO: DPA Bayern wird wohl zum neunjährig­en Gymnasium zurückkehr­en – darauf deutet alles hin. Es seien aber noch viele Fragen offen, heißt es in der CSU. Der zuletzt avisierte Zeitplan ist nicht zu halten.

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