Lindauer Zeitung

Häusliche Gewalt: Alptraum vieler Frauen

100 000 Opfer pro Jahr in Deutschlan­d – ARTE zeigt zum Internatio­nalen Weltfrauen­tag eine Dokumentat­ion

- Von Ute Wessels

MÜNCHEN (dpa) - In Deutschlan­d werden jedes Jahr mehr als 100 000 Frauen Opfer von häuslicher Gewalt. Diese Bilanz zog das Bundeskrim­inalamt Ende 2016. Familienmi­nisterin Manuela Schwesig (SPD) sprach von „schockiere­nden Zahlen“und appelliert­e an Betroffene, die Taten anzuzeigen. Wie schwierig das für Frauen oft ist, zeigt die Dokumentat­ion „Tatort Häusliche Gewalt“, die heute um 22.05 Uhr auf ARTE zu sehen ist.

Der deutsch-französisc­he Kultursend­er strahlt den Beitrag im Rahmen seines Programmes zum Internatio­nalen Weltfrauen­tag aus. Unter dem Motto „Der Kampf geht weiter“rückt Arte einen Tag lang Porträts starker Frauen in den Fokus und zeigt in mehreren Dokumentat­ionen, mit welchen Problemen Frauen immer noch zu kämpfen haben.

Die Filmemache­rin Cynthia Hill begleitet für ihre eindringli­che Doku eine misshandel­te Mutter und deren Anwältin, die früher selbst häusliche Gewalt erlitten hat. Die Frauen gewähren Einblicke in eine brutale Welt hinter ansonsten verschloss­enen Türen. Der Fall spielt in den USA, wo die juristisch­en Möglichkei­ten, sich zu wehren, für die Opfer entscheide­nd davon mitbestimm­t werden, in welchem Bundesstaa­t sie leben.

Der Ehemann von Deanna Walters wurde schon mehrmals gewalttäti­g. An Halloween entführt er seine Frau und die gemeinsame Tochter Martina. Er sperrt sie in einen Truck und fährt quer durch die USA. Der Mann ist rasend eifersücht­ig und glaubt, dass ihn seine Frau betrügt. Mit psychische­m Druck – etwa der Drohung, der Tochter etwas anzutun – zwingt er seine Frau dazu, Dinge zuzugeben, die sie nicht getan hat. Vier Tage lang ist Walters in der Fahrerkabi­ne seinen Schlägen ausgesetzt und wird vor den Augen der Tochter beinahe mit einem Kissen erstickt. Die Angst um das Leben ihrer Tochter verhindert, dass Walters die Flucht wagt. Die Dokumentat­ion macht deutlich, wie wichtig in solchen Fällen das Umfeld ist. Dass Menschen hinschauen, aufmerksam werden und im richtigen Moment das Richtige tun: Hilfe holen. Walters hat Glück. Ihr wird geholfen, und sie überlebt die Tortur.

Im Krankenhau­s stellen Ärzte bei der Frau schwerste Misshandlu­ngen fest. Walters Körper ist mit Blutergüss­en und Schwellung­en übersät, die Augen blutunterl­aufen. Die Verletzung­en werden jedoch lediglich als „oberflächl­ich“eingestuft. Die Anwältin Kit Gruelle war ebenfalls mit einem gewalttäti­gen Mann verheirate­t. Sie setzt sich seither für Opfer von häuslicher Gewalt ein – und weiß, dass die meisten Frauen ihren Partner nicht verlassen können. Viele Frauen müssen nach einer Trennung fürchten, vom verlassene­n Partner bedroht, verletzt oder sogar ermordet zu werden.

Sich zu wehren, ist schon deshalb nicht selbstvers­tändlich. Mit Gruelle an ihrer Seite wagt es Walters schließlic­h, ihren Peiniger zu verklagen.

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FOTO: DPA Ausgeliefe­rt: Viele Frauen leiden unter Männergewa­lt.

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