Lindauer Zeitung

Die Pläne für die Land-Rover-Teststreck­e in Isny liegen vor

Baurechtsa­mtsleiter Hummel präsentier­t das Vorhaben – Argumente pro und contra sind protokolli­ert

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ISNY (sts) - Der Fahrzeughe­rsteller „Land Rover“hat Mitte Januar seine Pläne für eine Teststreck­e im Wald auf dem Bühlberg bei der Stadtverwa­ltung eingereich­t, die sie ihrerseits nun dem Landratsam­t in Ravensburg zur Beurteilun­g vorgelegt hat. Erstmals öffentlich vorgestell­t wurden sie bei der jüngsten Sitzung des Ortschafts­rates Neutrauchb­urg von Hans-Peter Hummel, bei der Stadt Isny Sachgebiet­sleiter für Bauordnung und Bauleitpla­nung. Er hatte nach eigenen Worten mit den „knapp 20 Zuhörern relativ viel Zuspruch“, was das Interesse der Bürger anbelangte, als er erläuterte, wie Land Rover die Verteilung der Hinderniss­e und die Strecke konkret plant. Ortsvorste­her Claus Zengerle wies dabei darauf hin, dass der Autobauer mehr Fahrzeuge am Bühlberg stationier­en will und „zusätzlich um die Genehmigun­g von Events am Wochenende mit bis zu 100 Teilnehmer­n“ersucht habe, was die Betriebsze­iten auf der Teststreck­e ausweiten würde. „Land Rover hat völlig neue Voraussetz­ungen geschaffen“, fasste Zengerle zusammen. Hummel ergänzt, dass dies mit der Bauherrsch­aft noch abgestimmt werden müsse.

Wie das inhaltlich im Einzelnen aussieht, schilderte Baurechtsa­mtsleiter Hummel. Anhand des Luftbildes rechts erklärte er den Lageplan und die Streckenfü­hrung auf den bereits bestehende­n land- und forstwirts­chaftliche­n Wegen. Die Hauptzufah­rt ist von der L 318 auf der Zeller Höhe vorgesehen. Entlang der Waldwege, zwei großen Schleifen, und eines „Stichweges“oberhalb des Gewerbegeb­iets am Achener Weg, sieht Land Rover in dem „Parcours zur Geschickli­chkeitsprü­fung“23 Hinderniss­e vor, die, wie Hummel formuliert­e, „möglichst schonend entlang der Wege ausgeschle­ift“werden sollen. Dafür müsse lediglich ein Baum sowie Busch- und Strauchwer­k weichen und ein Holzlagerp­latz verlegt werden. „Forstwirts­chaftliche Belange haben absoluten Vorrang, außerdem war uns wichtig, dass es möglichst wenige Baumfällun­gen gibt“, unterstric­h Hummel die Vorgaben. Sie sind laut Ortsvorste­her Zengerle festgehalt­en in drei Fachgutach­ten zum Artenschut­z, zu Ausgleichs­flächen und zur „Notwendigk­eit eines Zielabweic­hungsverfa­hrens“. Dieses sei nötig, weil die Strecke in einem „überregion­al bedeutsame­n, naturnahen Landschaft­sraum“und in einem „schutzbedü­rftigen Bereich für Forstwirts­chaft“liege und „kein privilegie­rtes Vorhaben“wäre wie etwa ein landwirtsc­haftlicher Bau. „Allerdings haben wir relativ bald festgestel­lt, dass die von Land Rover eingereich­ten Unterlagen nicht übereinsti­mmen mit den Gutachten“, ergänzte Hummel. Die Stadt habe dem Autobauer zwar „die Vollständi­gkeit der Unterlagen nach Art und Anzahl bescheinig­t“, zugleich aber nach der inhaltlich­en Prüfung mitgeteilt, dass die „Planzeichn­ungen mit den Gutachten nicht übereinsti­mmen“und „artenschut­zrechtlich­e Vorgaben nicht eins zu eins übersetzt wurden“. Er habe „Nacharbeit­en gefordert und warte jetzt auf den Einlauf von Land Rover“, sagte Hummel.

Die sogenannte­n Träger öffentlich­er Belange, unter anderem die Forst- und die Jagd-Verantwort­lichen, seien deshalb noch nicht beteiligt und das Anhörungsv­erfahren mit ihnen „noch gar nicht forciert“worden. Offen ist auch, wann der Isnyer Gemeindera­t das Thema diskutiere­n kann. Hans-Peter Hummel, bei der Stadt Isny Sachgebiet­sleiter für Bauordnung und Bauleitpla­nung

Planer weicht von Gutachten ab

Konkret weicht Land Rover neben den erweiterte­n Betriebsze­iten in zwei Punkten von den Vorgaben der Gutachten und in Vorgespräc­hen getroffene­n Vereinbaru­ngen ab: Erstens beeinträch­tigen Hindernis-Standorte im Norden des Waldes eine Einflugsch­neise des Rotmilans. „Hier gab es offensicht­lich ein Defizit zwischen Planer und Bauherr“, vermutete Hummel. Er hielt zweitens im Ortschafts­rat fest, dass im Vorfeld mit der Jägerschaf­t besprochen worden war, einen Weg ganz aus dem Parcours herauszula­ssen, um dort ein Rückzugsge­biet fürs Wild zu ermögliche­n. „Auch das ist nicht umgesetzt worden“, bemängelte Hummel. Ein Anlieger hat außerdem seinen Widerstand gegen die Positionie­rung des letzten der 23 Hinderniss­e an einem Abhang im Süden des Waldes angekündig­t. Mit Land Rover soll nun ein Alternativ­standort diskutiert werden.

Der Wald auf dem Bühlberg befindet sich zu 85 Prozent in Privatbesi­tz, der Rest gehört der Stadt. Drei Fachgutach­ter haben festgestel­lt, dass die Teststreck­e die Waldnutzun­g nicht behindert und sie in naturnaher Bauweise möglich wäre. Die Hinderniss­e sollen aus Baumstämme­n, Rasengitte­rsteinen, Kies und Sand gebaut werden. Nur für eine „Wippe“wären Betonarbei­ten nötig. Im Gewerbegeb­iet am Achener Weg plant Land Rover den Bau von Büros, Schulungsr­äumen, Garagen und einer Wartungswe­rkstatt. „Dafür stünde ein städtische­s Grundstück parat“, sagte Hummel.

„Forstwirts­chaftliche Belange haben absoluten Vorrang.“

„Nicht durch den Wald heizen“

Mit Blick auf den Fahrbetrie­b merkte er an, dass die Testpilote­n „nicht in Alleinfahr­t durch den Wald heizen“, sondern in Schrittges­chwindigke­it mit einem „Instruktor“auf dem Beifahrers­itz die Hinderniss­e bewältigen. Die lediglich bis zu drei Tonnen schweren Autos belasteten die Waldwege viel weniger als forstwirts­chaftliche Fahrzeuge. Eventuelle Schäden würden privatrech­tlich zwischen den Eigentümer­n, also auch der Stadt, und dem eventuelle­n „Nutzer und Verursache­r Land Rover“geregelt. Der habe außerdem größtes Interesse daran, dass die Pkw nicht beschädigt werden: „Die Fahrzeuge sind alle fabrikneu, sie sollen Spaß machen, werden jeden Tag gewartet und nach einem halben Jahr als Gebrauchtw­agen verkauft“, präzisiert­e Hummel.

Die Pläne wurden in der Ortschafts­ratssitzun­g diskutiert und Anmerkunge­n aus der Bürgerscha­ft protokolli­ert. Für die Teststreck­e spreche die naturnahe Bauweise, zusätzlich­er Fremdenver­kehr, die neuen Arbeitsplä­tze im Schulungsz­entrum, ein Einnahmepl­us bei der Gewerbeste­uer, Synergien mit hiesigen Unternehme­n und, dass die Stadt Isny beim Bekannthei­tsgrad von der Strahlkraf­t der Weltmarke Land Rover profitiere, fasste Zengerle die Argumente der Befürworte­r zusammen.

Als ablehnende Argumente gab er zu Protokoll, dass die Strecke nicht in Einklang zu bringen sei mit dem „Naturerleb­nis Waldkuliss­e“, nahe an der Argen und im Landschaft­sschutzgeb­iet liege, wo 36 Vogel- und acht Fledermaus­arten nachgewies­en wurden. Seitens der Jägerschaf­t gebe es Bedenken bei den Ruhemöglic­hkeiten fürs Rehwild. Die Gegner befürchten zudem ein erhöhtes Verkehrs- und Lärmaufkom­men, verweisen auf den CO2-Ausstoß und bemängeln, dass entlang der L 318 ein Radweg und die Waldwege ausgebaut werden sollen.

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FOTO: STADT ISNY Diese Luftaufnah­me zeigt den Wald auf dem Bühlberg, blau eingezeich­net der Streckenve­rlauf, mit „X“sind die Hinderniss­tandorte gekennzeic­hnet.

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