Brief aus Ministerium verärgert Wohlfahrtsverbände
Vorwurf: Asylsozialberater geben Tipps gegen drohende Abschiebung – Diakonie weist Anschuldigung zurück
MÜNCHEN/NÜRNBERG (epd) - Mit einem harschen Brief hat das bayerische Sozialministerium bei den Wohlfahrtsverbänden für Kopfschütteln gesorgt: Einzelne Asylsozialberater würden ihren Klienten Tipps geben, wie sie sich einer Abschiebung entziehen könnten, heißt es in dem Schreiben, das dem Evangelischen Pressedienst vorliegt. Im Wiederholungsfall droht das Ministerium mit der Kürzung von Mitteln.
Am Mittwoch präzisierte das Ministerium die Vorwürfe. Anlass für das Schreiben, das am 6. März an die Wohlfahrtsverbände verschickt worden war, seien Berichte gewesen, „wonach vereinzelt Asylsozialberater abgelehnte Asylbewerber vor ihrem drohenden Abschiebungstermin gewarnt haben“. Das teilte das Haus von Ministerin Emilia Müller (CSU) am Mittwoch mit.
Ziel: Klarheit schaffen
Teilweise hätten Berater ihre Klienten aufgefordert, nicht in ihren Unterkünften zu übernachten, um einer Abschiebung zu entgehen, oder außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbracht. Das sei mit den Grundsätzen der Asylsozialberatung nicht vereinbar.
Es gehe nicht um Schuldzuweisungen, teilte das Ministerium mit. Die Einzelfälle seien bereits mit den Betroffenen diskutiert worden. Ziel des bayernweiten Schreibens sei es aber gewesen, „für die Zukunft vorsorglich Klarheit im Hinblick auf förderfähige Tätigkeiten der Asylsozialberatung zu schaffen“. So wolle man die „bislang ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen den Wohlfahrtsverbänden und dem Sozialministerium“ auch in Zukunft gewährleisten. Die asylpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Christine Kamm, kritisierte, der „Drohbrief“des Sozialministeriums sei „nicht hinnehmbar“. Die Berater hätten die Pflicht, Betroffenen umfassende Hilfestellung zu geben – dazu gehöre auch die Information über rechtliche Möglichkeiten wie einen Folgeantrag. Die Drohung, Fördermittel zu kürzen, sei „ein Versuch, Asylsozialarbeiter an ihrer Arbeit zu hindern“, sagte Kamm. Sie kündigte einen Antrag im Landtag zur Rücknahme des Schreibens an.
Im gesetzlichen Rahmen
Mit Unverständnis reagierte die Diakonie Bayern auf den Vorwurf aus dem bayerischen Sozialministerium. „Unsere Mitarbeiter halten sich klar an die Richtlinien, sie beraten nicht jenseits von Recht und Gesetz“, sagte Tobias Mähner, zweiter Vorsitzender der Diakonie Bayern, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst. Wenn es sich bei dem Vorgang um einen Einzelfall handle, sei der generelle Vorwurf des Briefs „unverhältnismäßig“. Ähnlich äußerte sich die Leiterin der Abteilung „Migration“bei der Inneren Mission München, Andrea Betz (siehe „Nachgefragt“).
Der Brief wurde laut Sozialministerium an das Diakonische Werk, den Caritasverband, das Bayerische Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt und den Paritätischen Wohlfahrtsverband verschickt. Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte das Schreiben am Dienstag bekanntgemacht. Dessen Sprecher Stephan Dünnwald hatte kritisiert, dass das Sozialministerium die Wohlfahrtsverbände „zu Handlangern des Innenministeriums“machen wolle.