Auf der Suche nach einem Nationalpark
Holznutzungsrechte machen den Spessart als Standort problematisch
MÜNCHEN - Scheitert ein Nationalpark Spessart an den Holznutzungsrechten? In einer Expertenanhörung des bayerischen Landtags am Donnerstag hat der Verwaltungsrechtler Josef Geislinger betont, dass die dadurch notwendige Ablösung oder Verlagerung von Holznutzungsrechten kein kleines Problem sei. Nach seiner Schätzung wären von der Errichtung eines Nationalparks im Spessart die Nutzungsrechte von 18 000 bis 20 000 Bürgern der angrenzenden Gemeinden betroffen.
Um deren Rechte auf andere Flächen außerhalb der „Kernzone“des geplanten 10 900 Hektar großen Nationalparks innerhalb des 107 000 Hektar großen Waldgebiets zu verlagern, müsse man ihre Zustimmung einholen, sagte Geislinger. Dabei müssten die Bürger auf jahrhundertealte Rechte verzichten. Falls das nicht funktioniere, bleibe als letzte Möglichkeit freilich die Enteignung.
Doch genau das will die bayerische Staatsregierung nicht. Sie hatte im Sommer vergangenen Jahres die Errichtung eines dritten Nationalparks im Freistaat beschlossen. Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt, dass die Bevölkerung vor Ort ihn auch will. Daran erinnerte Josef Ziegler, der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands.
Keine Probleme beim Steigerwald
Die Vertreter der Naturschutzverbände Hubert Weiger (Bund Naturschutz) und Norbert Schäffer (Landesbund für Vogelschutz) waren sich mit dem Würzburger Geografie-Professor Hubert Job und dem „Europarc“-Vizevorsitzenden und ehemaligen Nationalparkleiter Karl Friedrich Sinner darin einig, dass der Spessart und der nördliche Steigerwald für einen dritten Nationalpark infrage kommen. Der Steigerwald etwas mehr, da es dort keine Probleme mit Holznutzungsrechten gebe.
Die Naturschützer wollten sich nicht damit abfinden, dass die CSUStaatsregierung bei der Suche nach einem dritten Nationalpark den nördlichen Steigerwald ausdrücklich ausschließen will. Die anderen diskutierten Standorte Donauauen, bayerische Rhön und Ammergebirge sind für sie in dieser Hinsicht nur zweite Wahl.
Waldbesitzer-Präsident Ziegler und der unterfränkische Bauernverbands-Präsident Bernhard Weiler mit wissenschaftlicher Unterstützung des Münchener WaldbauLehrstuhlinhabers Reinhard Mosandl vertraten die Gegenposition. Letzterer gab zu bedenken, dass andere Schutzkonzepte, wie etwa Biosphärenreservate, der Natur mehr brächten als Nationalparks. Ziegler bedauerte, dass die in Gang gekommene Versöhnung zwischen Naturschutz und Waldwirtschaft wieder in Gefahr sei, indem man mit dem Nationalpark „so ein Fass aufmacht“. Gekämpft wurde im Senatssaal des Landtags auch um die Spessarteiche. Überlasse man den Wald sich selbst, dann müsse man sich bis auf einen minimalen Anteil von zwei bis drei Prozent von den Eichen verabschieden, sagte Mosandl. Denn die Buchen seien weitaus stärker – „wie Unkraut“, sagte der Waldbau-Professor. Mindestens 83 Prozent der Spessarteichen seien von dem Nationalpark nicht betroffen und könnten weiter waldbaulich gepflegt werden, so Ex-Nationalparkchef Sinner. Er vermute ohnehin, dass nicht die Buchen, sondern der zu hohe Wildbestand den Eichennachwuchs behinderten.
Viel Widerspruch erntete der unterfränkische Bauernverbands-Präsident Weiler mit seiner Befürchtung, die Spessart-Region werde ausbluten, wenn der Nationalpark komme. Viele jüngere Einwohner säßen „auf gepackten Koffern“. Der Berchtesgadener NationalparkChef Michael Vogel und sein Kollege vom Nationalpark Bayerischer Wald Franz betonten hingegen den hohen touristischen Wert der Parks.
Überall, wo Nationalparks geplant waren, habe es zunächst mehr oder weniger große Widerstände gegeben, sagte Manfred Großmann vom Nationalpark Hainich in Thüringen. Und überall dort sei man einige Jahre später sehr zufrieden mit der Entscheidung.
Alle Experten konnten sich aber schließlich doch darauf einigen, dass nicht nur für den Spessart, sondern auch für den Steigerwald eine Machbarkeitsstudie angefertigt werden sollte, um verlässliche Daten für die weitere Diskussion zu haben. „Ohne Machbarkeitsstudie geht gar nichts“, sagte der Ebracher Bürgermeister Max Dieter Schneider.