Nächtliche Blicke auf einsame Städte
Fotograf Fergus Jordan stellt im Neuen Ravensburger Kunstverein aus
RAVENSBURG - Es ist Nacht auf den Aufnahmen des Belfaster Fotografen Fergus Jordan. Aber keine vom Mond beschienene romantische Idylle. Seine Nächte spielen in Städten am Rande der hippen Fußgängerzonen. Sie wirken unter starkem Einsatz von Kunstlicht düster und finster, zugleich glasklar und transparent in der Farbgebung. Fergus Jordan zeigt derzeit im Neuen Kunstverein Ravensburg in der Ausstellungsreihe „Über/Grenzen“zwei Serien unter dem Titel „Night, Territory and the City“.
Orangefarbene Lichtkegel von Straßenlaternen erhellen die nächtliche Dunkelheit. Vereinzelt sind abgestellte Autos zu erkennen. Menschen gibt es keine. Die Umgebung mutet unwirtlich an. Es scheint sich um abgelegene Viertel von Städten zu handeln, die auf den ersten Blick überall sein könnten. Gegenden, denen man eher ausweicht, die man lieber schnell hinter sich lässt.
Im Kontrast dazu bestechen Fergus Jordans Aufnahmen mit einer ungeheuren Aufgeräumtheit. Nirgends ist Müll oder Weggeworfenes auszumachen. Wie grundgereinigt und befreit von allem, was diesen Eindruck stören könnte. Fein ausdifferenzierte Grau- und Brauntöne dominieren die freien Flächen in seinen Bildern. Diese wiederum hinterlassen durch klare Abgrenzungen gegen die anderen Bildelemente deutliche Spuren.
Fergus Jordan, Jahrgang 1982, ist Nordire. Er lebt als freier Fotograf in Belfast und unterrichtet an der University of Ulster. Promoviert hat er über den Zusammenhang von künstlicher Beleuchtung und der Gestaltung städtischer Räume. Bekannt gemacht haben ihn seine Nachtaufnahmen unter Verwendung von extremem Kunstlicht, die 2000 noch analog entstanden. Aber auch zu der Zeit von ihm schon eingescannt und digital bearbeitet wurden. „Night Photography is my Passion“, sagte er im Gespräch mit Kurator Robert Huber.
Die Ausstellung im Kunstverein beleuchtet zwei Serien mit Aufnahmen von Belfast, denen 2014 solche von anderen Städten mit ähnlichen gesellschaftspolitischen Brennpunkten folgten.
Dem Fotografen geht es optisch wie inhaltlich um Grenzen. Doch mit bewusster Distanz zum eigentlichen Konflikt. Was auf seinen Aufnahmen infrastrukturell wie gegeben scheint, entlarvt er als starre trennende Linien. In Gestalt von Gebäuden, leeren Straßenzügen und weiten, malerisch bis in die kleinsten Farbnuancen austarierten Flächen. Eine davon sticht mit ihrem minimal beleuchteten dunklen Asphalt heraus. Sie geht bruchlos in einen nebligen Nachthintergrund über. Schwarz scheint dieser zu sein. Doch richtig dunkel wird es bei Jordan nie. Stets leuchtet ein Gelbton durch. Seine Bilder vermitteln das Gefühl einer latenten Bedrohung. Ist der Mensch bei Licht besehen, doch viel schneller auszumachen als im schützenden Dunkel einer Nacht.