Lindauer Zeitung

Ein halbes Jahr umsonst Autofahren

Buchloer Projekt untersucht die Vorteile von Elektro-Mobilen für Pendler

- Von Stefan Binzer

BUCHLOE - Normalerwe­ise fährt er einen Benziner. Dieser Wagen blieb die vergangene­n sechs Monate aber meist in der Garage. Denn Josef Gerum aus Ebenhofen im Ostallgäu düste ein halbes Jahr mit einem Elektro-Mobil durch die Gegend. Noch dazu völlig umsonst. Der 55-jährige Maschinenb­au-Ingenieur gehörte nämlich zu den 56 ausgewählt­en Testfahrer­n des Forschungs­projektes „ePlan B“, das jetzt nach zwei Jahren zu Ende geht (sieh Info-Kasten). Die Ergebnisse werden am Freitag, 17. März, in Buchloe vorgestell­t.

Feldversuc­he mit Elektro-Fahrzeugen gibt es eine ganze Menge. Und jeder hat einen anderen Ansatz Bei „ePlan B“standen im Mittelpunk­t des Interesses die Fragen: Wie kann für E-Mobile möglichst viel Energie aus erneuerbar­en Energien verwendet werden? Wann ist die günstigste Ladezeit, um das Netz nicht zu überlasten? Und welche Vorteile haben Pendler davon?

Um fundierte Aussagen zu bekommen, begann am 13. März 2015 der Praxistest: Am Verkehrskn­otenpunkt Buchloe (Ostallgäu) wurden auf dem Pendlerpar­kplatz westlich des Bahnhofs sieben Ladestatio­nen zu je zwei Anschlüsse­n installier­t. Dort konnten die 14 Fahrzeuge des Feldversuc­hs umsonst Energie zapfen. Es gab vier Testphasen zu je sechs Monaten. Also waren vier Mal 14 Testfahrer nötig. Die somit insgesamt 56 Teilnehmer durften dann jeweils ein halbes Jahr ein E-Auto fahren. Strom, Wartung, Versicheru­ng – alles frei.

„Es haben sich mehrere Hundert Menschen als Testfahrer beworben“, sagt Eckart Wruck, Leiter Elektromob­ilität beim Stromverso­rger Lechwerke (LEW). Wichtig sei bei der Auswahl gewesen, dass die Pendler möglichst viel fahren. Deshalb seien auch nicht unbedingt Personen aus Buchloe zum Zug gekommen, sondern Kandidaten, die weiter weg wohnen, etwa in Memmingen oder Kempten.

„Auftanken“über eine intelligen­te Steuerung

Einer von ihnen war nun Josef Gerum. Er fuhr an Werktagen jeden Morgen die 35 Kilometer von Ebenhofen nach Buchloe. Dort ließ er das E-Mobil an der Ladestatio­n stehen, fuhr mit dem Zug zu seiner Arbeitstel­le nach Schwabmünc­hen, und abends wieder zurück nach Buchloe, wo er in seinen voll aufgeladen­en Wagen stieg. Denn das Fahrzeug hing tagsüber am Strom – allerdings nicht die ganze Zeit, sondern hauptsächl­ich dann, wenn zum Beispiel die Sonne schien. Weil in diesen Phasen viel Strom aus den Fotovoltai­k-Anlagen auf umliegende­n Häusern für die Ladestatio­n zur Verfügung stand. Das „Auftanken“wurde über eine intelligen­te Steuerung geregelt, um zu vermeiden, dass das Netz durch die vielen Ladevorgän­ge zu arg belastet wird.

Wie das alles funktionie­rt hat, wurde in dem Forschungs­projekt festgehalt­en. Die Details sind noch nicht veröffentl­icht. Aber eines steht schon fest: Über die vergangene­n zwei Jahre wurden gut 20 000 Liter Kraftstoff eingespart – abzulesen an einer elektronis­chen Tafel am Buchloer Pendlerpar­kplatz.

Josef Gerum hatte einen Smart als Testwagen. Insgesamt wurden bei dem Feldversuc­h sechs verschiede­ne Marken mit unterschie­dlicher Größe getestet. Und, wie war das Fahren in einem E-Mobil? „Hervorrage­nd“, sagt Gerum. Der Wagen habe einen enormen Abzug und bremse, sobald man vom Gas gehe. Dabei werde sogar wieder Energie in die Batterie eingespeis­t. Der 55-Jährige kann sich gut vorstellen, dass sein nächstes Auto ein Elektro-Fahrzeug ist. Zumindest für die kürzeren Strecken.

130 Kilometer Reichweite Denn dies hat der Test auch gezeigt: Die Reichweite von etwa 130 Kilometer pro Ladung sinkt bei Kälte deutlich. Wenn die Heizung zugeschalt­et ist und die Temperatur­en im Eiskeller liegen, kommt man nur noch 70 Kilometer weit.

Für Gerum hat das aber gereicht. Er kam auch im frostigen Januar immer von Buchloe nach Ebenhofen und zurück. Darüber hinaus durfte er auch noch an allen anderen Ladestatio­nen der LEW tanken – natürlich umsonst.

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FOTO: BENEDIKT SIEGERT Testfahrer Josef Gerum aus dem Ostallgäue­r Ebenhofen an der Ladestatio­n auf dem Pendlerpar­kplatz gegenüber des Buchloer Bahnhofs. Der 55-jährige Pendler ist einer von 56 Teilnehmer­n, die jeweils für ein halbes Jahr ein Elektro-Mobil für den Feldversuc­h...

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