Bundespolizei statt neuer Firmen?
Nach der Zustimmung zu Flüchtlingsunterkunft droht Kempten für ein neues Gewerbegebiet wieder ein Rückschlag
KEMPTEN - Die hochfliegenden Pläne, die die Stadt nach Abzug der Bundeswehr mit der freigewordenen Kaserne als zukunftsweisendes Gewerbegebiet hat, sind in Gefahr: Die Bundespolizei baut in Kempten eine Inspektion mit 200 Beschäftigten auf und will die Bundesliegenschaft mit Beschlag belegen, sofern sie keinen besseren Standort findet. Dies verlautet aus der Behörde, eine offizielle Stellungnahme hatte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München abgelehnt.
Die Stadt Kempten bemüht sich seit Auflösung des BundeswehrStandorts darum, sämtliche Liegenschaften dem Bund abzukaufen. Sie hat auch ein Vorkaufsrecht – sofern nicht andere Bundesbehörden Ansprüche anmelden oder vordringliche staatliche Aufgaben berührt sind. Letzteres hat die Stadt bereits schmerzlich zu spüren bekommen: Bis 2026 sind etwa vier der insgesamt zwölf Hektar Kasernenfläche für die Unterbringung von Flüchtlingen als sogenanntes Erstaufnahmelager reserviert.
Dies musste die Stadt dem bayerischen Sozialministerium zugestehen. Um damit freien Zugriff auf die verbleibende Fläche zu bekommen, wie es bei Bekanntwerden der Abmachung Mitte vergangenen Jahres hieß.
Zuvor hatte bereits die bayerische Polizei ihre Fühler in Richtung Kaserne ausgestreckt. Das zentrale Polizeigebäude „Auf der Breite“ist spätestens seit der Aufwertung der früheren Direktion zum Präsidium SüdWest zu eng, Kriminalpolizei und Verkehrspolizei wurden bereits ausgelagert. Einen Vorstoß für einen neuen Standort auf dem Kasernengelände lehnte Oberbürgermeister Thomas Kiechle aber rigoros ab.
Mit dem freien Zugriff auf die verbleibende Kasernenfläche könnte es jetzt aber möglicherweise nichts werden. Neben den Bundeswehrgebäuden, die für die Flüchtlingsunterkünfte vorgesehen sind, stehen entlang der Kaufbeurer Straße noch weitere große Gebäude in einem verhältnismäßig guten Zustand. Und diese rücken jetzt in den Fokus der Bundespolizei. Dem Vernehmen nach habe sich die Behörde sogar schon darauf festgelegt.
Neue Inspektion braucht viel Platz
Um dies zu vermeiden, sucht die Stadt seit Monaten nach einer Alternative. Die neue Inspektion braucht allerdings viel Platz: Insgesamt soll sie 300 Dienststellen umfassen, 200 in Kempten, 100 in zwei weiteren Revieren. Die jetzige Dienststelle mit 40 Mitarbeitern ist am Bahnhof stationiert. Die Anforderungen an den neuen Standort: Er soll verkehrsgünstig am Straßennetz gelegen sein und möglichst auch nahe an der Bahn. Bislang hat die Stadt nichts Entsprechendes gefunden, sagte der Oberbürgermeister auf Anfrage. Die Bundespolizei will die neue Dienststelle „innerhalb der nächsten drei Jahre“in Betrieb nehmen, sagte kürzlich ein Sprecher. Prinzipiell, sagt dazu Kiechle, „ist es ja eine ausgesprochen gute Nachricht, dass wir einen weiteren Behördenstandort in Kempten erhalten“.
Im Gegensatz zu mehrmaligen Äußerungen, dass die Kaserne für die Bundespolizei „auf keinen Fall infrage kommt“, sagt der Oberbürgermeister jetzt vorsorglich: „Das wäre noch kein Totschlagargument für das Gewerbegebiet.“