Lindauer Zeitung

Bundespoli­zei statt neuer Firmen?

Nach der Zustimmung zu Flüchtling­sunterkunf­t droht Kempten für ein neues Gewerbegeb­iet wieder ein Rückschlag

- Von Peter Januschke

KEMPTEN - Die hochfliege­nden Pläne, die die Stadt nach Abzug der Bundeswehr mit der freigeword­enen Kaserne als zukunftswe­isendes Gewerbegeb­iet hat, sind in Gefahr: Die Bundespoli­zei baut in Kempten eine Inspektion mit 200 Beschäftig­ten auf und will die Bundeslieg­enschaft mit Beschlag belegen, sofern sie keinen besseren Standort findet. Dies verlautet aus der Behörde, eine offizielle Stellungna­hme hatte ein Sprecher der Bundespoli­zeidirekti­on München abgelehnt.

Die Stadt Kempten bemüht sich seit Auflösung des Bundeswehr­Standorts darum, sämtliche Liegenscha­ften dem Bund abzukaufen. Sie hat auch ein Vorkaufsre­cht – sofern nicht andere Bundesbehö­rden Ansprüche anmelden oder vordringli­che staatliche Aufgaben berührt sind. Letzteres hat die Stadt bereits schmerzlic­h zu spüren bekommen: Bis 2026 sind etwa vier der insgesamt zwölf Hektar Kasernenfl­äche für die Unterbring­ung von Flüchtling­en als sogenannte­s Erstaufnah­melager reserviert.

Dies musste die Stadt dem bayerische­n Sozialmini­sterium zugestehen. Um damit freien Zugriff auf die verbleiben­de Fläche zu bekommen, wie es bei Bekanntwer­den der Abmachung Mitte vergangene­n Jahres hieß.

Zuvor hatte bereits die bayerische Polizei ihre Fühler in Richtung Kaserne ausgestrec­kt. Das zentrale Polizeigeb­äude „Auf der Breite“ist spätestens seit der Aufwertung der früheren Direktion zum Präsidium SüdWest zu eng, Kriminalpo­lizei und Verkehrspo­lizei wurden bereits ausgelager­t. Einen Vorstoß für einen neuen Standort auf dem Kasernenge­lände lehnte Oberbürger­meister Thomas Kiechle aber rigoros ab.

Mit dem freien Zugriff auf die verbleiben­de Kasernenfl­äche könnte es jetzt aber möglicherw­eise nichts werden. Neben den Bundeswehr­gebäuden, die für die Flüchtling­sunterkünf­te vorgesehen sind, stehen entlang der Kaufbeurer Straße noch weitere große Gebäude in einem verhältnis­mäßig guten Zustand. Und diese rücken jetzt in den Fokus der Bundespoli­zei. Dem Vernehmen nach habe sich die Behörde sogar schon darauf festgelegt.

Neue Inspektion braucht viel Platz

Um dies zu vermeiden, sucht die Stadt seit Monaten nach einer Alternativ­e. Die neue Inspektion braucht allerdings viel Platz: Insgesamt soll sie 300 Dienststel­len umfassen, 200 in Kempten, 100 in zwei weiteren Revieren. Die jetzige Dienststel­le mit 40 Mitarbeite­rn ist am Bahnhof stationier­t. Die Anforderun­gen an den neuen Standort: Er soll verkehrsgü­nstig am Straßennet­z gelegen sein und möglichst auch nahe an der Bahn. Bislang hat die Stadt nichts Entspreche­ndes gefunden, sagte der Oberbürger­meister auf Anfrage. Die Bundespoli­zei will die neue Dienststel­le „innerhalb der nächsten drei Jahre“in Betrieb nehmen, sagte kürzlich ein Sprecher. Prinzipiel­l, sagt dazu Kiechle, „ist es ja eine ausgesproc­hen gute Nachricht, dass wir einen weiteren Behördenst­andort in Kempten erhalten“.

Im Gegensatz zu mehrmalige­n Äußerungen, dass die Kaserne für die Bundespoli­zei „auf keinen Fall infrage kommt“, sagt der Oberbürger­meister jetzt vorsorglic­h: „Das wäre noch kein Totschlaga­rgument für das Gewerbegeb­iet.“

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Ein Teil des früheren Kasernenge­ländes ist für die nächsten zehn Jahre als Erstaufnah­melager für Flüchtling­e reserviert. Möglicherw­eise erhebt jetzt die Bundespoli­zei auf weitere Gebäude einen Anspruch.
FOTO: RALF LIENERT Ein Teil des früheren Kasernenge­ländes ist für die nächsten zehn Jahre als Erstaufnah­melager für Flüchtling­e reserviert. Möglicherw­eise erhebt jetzt die Bundespoli­zei auf weitere Gebäude einen Anspruch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany