Gedichte eines Erzählers
Michael Köhlmeier ist ein begnadeter Erzähler. Das hat er in Romanen wie „Abendland“(2007) oder „Zwei Herren am Strand“(2014) bewiesen. Gedichte waren bisher nicht so sein Ding. „Ein Vorbild für die Tiere“ist erst sein zweiter Lyrikband. Auch darin zählen die Texte zu den besten, in denen er eine Geschichte erzählt. So wie in „Hiob“, in dem die Polizei einen Schuldirektor warnt, weil in der Gegend ein Mann in einem blauen PKW Kinder anspricht: „Wenn sie wollten, sage er,/Dürften sie junge Katzen streicheln,/Eis gäbe es auch.“Ein Rundbrief geht an alle Eltern, trotzdem steigt ein Bub ein. Die Polizei stellt ein Suchkommando zusammen. „Aber dann kam der Bub zurück,/Lachte wie ein Mann und erzählte, er habe/ Junge Katzen gestreichelt und Eis gegessen.“
Die 120 Texte changieren zwischen Lyrik und Prosa. Nicht alle haben etwas zu sagen. Oft sind es nur knappe Skizzen. Zu wenig für ein Gedicht. Private Erlebnisse mit Ehefrau Monika Helfer, die wie Köhlmeier Autorin ist, wechseln mit Allerweltszenen. Nicht immer erschließen sich die Verse, oft gibt es auch gar nichts, was sich erschließen müsste. „Alles ist erzählenswert“, lautet die Devise Köhlmeiers, der gerne behauptet, dass „ein positiver Glanz über jedem noch so banalen Ding“schwebe. Was seine Gedichte anbelangt, mag man bei diesem Satz nicht mit ihm gehen. (grom)