Lindauer Zeitung

Anti-Gefährder-Gesetz stößt auf Skepsis

Land will Konsequenz­en aus dem Fall des Berliner Attentäter­s Amri ziehen

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Die Opposition­sfraktione­n von SPD, Freien Wählern und Grünen stehen dem von der CSUStaatsr­egierung eingebrach­ten „Gesetz zur effektiver­en Überwachun­g gefährlich­er Personen“skeptisch gegenüber. Die Verschärfu­ng des bayerische­n Polizeiauf­gabengeset­zes (PAG) soll es unter anderem ermögliche­n, gefährlich­e Personen wie mögliche Terroriste­n im Extremfall unbegrenzt in Gewahrsam zu nehmen oder mithilfe einer elektronis­chen Fußfessel zu überwachen.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) begründete die Vorlage, die am Dienstag in erster Lesung im Landtagspl­enum behandelt wurde, mit den Erfahrunge­n aus dem Fall des Berliner Weihnachts­markt Attentäter­s Anis Amri,d er zumindest„ nicht optimal“gelaufen sei. Der Staat müsse nicht warten, bis die Vorbereitu­ng s handlungen von Terroriste­n und sonstigen Attentäter­n abgeschlos­sen seien, so Herrmann.

Beschwerde­n sind möglich

Daher soll die Höchstdaue­r von zwei Wochen, die bisher für die Ingewahrsa­mnahme von gefährlich­en Personen gilt, aufgehoben werden. Sie soll nur durch einen Richter angeordnet werden und mindestens alle drei Monate überprüft werden. Auch der Festgehalt­ene könne jederzeit Beschwerde einlegen, sagte Herrmann. Er wundere sich, warum diese Regelung in den Landesgese­tzen von Bremen und Schleswig-Holstein seit Jahr und Tag bestehe, ohne dass sich jemals jemand darüber aufgeregt habe, so der CSU-Politiker.

Im Falle von Schleswig-Holstein stimme dies so nicht, widersprac­h ihm die Grünen-Fraktionsv­orsitzende Katharina Schulze. Von ihr kam die schärfste Kritik an dem Gesetzentw­urf. Herrmanns Gesetzentw­urf gehe „in Richtung Gesinnungs­haft“. Die Grünen verschlöss­en sich nicht gegenüber gesetzlich­en Änderungen, wenn diese sinnvoll und zielführen­d seien, wohl aber gegenüber „rechtswidr­igen Vorschläge­n und Sicherheit­splacebos“, so Schulze.

Die von Herrmann beabsichti­gte elektronis­che Fußfessel könne die Observatio­n von Gefährdern durch Polizeibea­mte nicht ersetzen, kritisiert­e sie weiter. Bei einem Attentat in Frankreich habe sich gezeigt, dass Personen mit einer solchen Fußfessel gefährlich werden könnten.

Weniger hart fiel die Kritik von SPD und Freien Wählern aus. Der SPD-Sicherheit­sexperte Peter Paul Gantzer machte verfassung­smäßige Bedenken geltend, weil das Gebot der Verhältnis­mäßigkeit verletzt sein könnte. Immerhin beträfen die vorgesehen­en Maßnahmen auch Menschen, die sich nichts hätten zu Schulden kommen lassen. Die SPD will vor einem endgültige­n Urteil aber eine Expertenan­hörung abwarten. Ähnlich formuliert­e für die Freien Wähler ihr Abgeordnet­er Joachim Hanisch. Der mit der Gesetzesän­derung eingeführt­e Begriff der „drohenden Gefahr“sei zu undifferen­ziert, sagte er.

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FOTO: DPA Die vom bayerische­n Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) geplante Einführung von elektronis­chen Fußfesseln für islamistis­che Gefährder sieht die Opposition im Landtag kritisch: Sie möchte die Islamisten lieber durch Polizisten überwachen lassen.

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