Lindauer Zeitung

Nonnenhorn will 2018 Echt-Bodensee-Card einführen

Tourist-Informatio­n aus Langenarge­n berichtet über erste Erfahrunge­n mit der neuen Gästekarte

- Von Andreas Schwarzbau­er

NONNENHORN (andy) - Datenschut­z, das Fehlen der Schifffahr­tsbetriebe und die Finanzieru­ng waren die Themen rund um die Echt-Bodensee-Card (EBC), die der Nonnenhorn­er Gemeindera­t diskutiert­e. Bei der vergangene­n Sitzung stellte Enrico Heß von der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT) die neue Gästekarte vor und Gremiumsmi­tglieder sowie Vertreter der Gastgeber waren sich einig, dass es ein gutes Angebot ist. Deshalb sprach sich der Rat einstimmig dafür aus, die Karte ab 1. Januar 2018 einzuführe­n – vorausgese­tzt, der Landkreis Lindau ist bis dahin dem Verkehrsve­rbund Bodo beigetrete­n. Die Echt-Bodensee-Card soll die örtlichen Gästekarte­n ersetzen und bietet Übernachtu­ngsgästen Vergünstig­ungen für mehr als 100 Ausflugszi­ele, wie dem Ravensburg­er Spieleland, der Lindauer Marionette­noper oder dem Dornier-Museum in Friedrichs­hafen. Außerdem können die Urlauber Bus und Bahn im Gebiet des Verkehrsve­rbundes Bodensee-Oberschwab­en (Bodo) kostenlos nutzen. Auch die Fahrradmit­nahme ist kostenfrei. Außerdem verkehrt im Sommer stündlich ein Echt-BodenseeCa­rd-Bus zwischen allen Orten, die an der EBC teilnehmen.

Jeder Übernachtu­ngsgast ab sechs Jahren bekommt die Karte bei seiner Ankunft automatisc­h. Die Gemeinde und Städte können selbst entscheide­n, ob sie mitmachen. Sie müssen pro Übernachtu­ng einen Solidarbei­trag von einem Euro zahlen.

In der Regel finanziere­n sie das über einen höheren Kurbeitrag. Sarah von Drateln von der Tourist-Informatio­n in Langenarge­n, einer der vier Pilotgemei­nden, die heuer die Echt-Bodensee-Card eingeführt haben, berichtete dem Nonnenhorn­er Rat, dass Langenarge­n auf seine Kurtaxe 1,15 Euro aufgeschla­gen habe. Die Gäste hatten dies akzeptiert. Ratsmitgli­ed Roland Hornstein glaubt, dass dies in Nonnenhorn ähnlich sein wird: „Egal, ob wir 1,00 oder 1,20 Euro aufschlage­n, es wird kein Problem sein, weil wir einen echten Mehrwert bieten.“

Vor allem der kostenlose Nahverkehr kam bei den Nonnenhorn­ern gut an. Bürgermeis­ter Rainer Krauß sagte: „Jeder, der bei uns im Sommer unterwegs ist, wird zustimmen, dass jedes Auto, das stehenblei­bt, ein Gewinn ist.“Deshalb biete Nonnenhorn seinen Gästen bereits jetzt die kostenlose Nutzung des Zuges nach Lindau an. Das komme bei den Urlaubern sehr gut an, versichert­en die beiden Vertreteri­nnen der Gastgeber, die bei der Beratung mit am Ratstisch saßen. Deshalb wäre eine kostenlose Fahrt mit Bus und Bahn im Bodo-Gebiet „eine tolle Sache“.

Elektronis­ches Meldesyste­m kommt mit Echt-Bodensee-Card

Für die Vermieter ergebe sich kaum zusätzlich­er Aufwand, so Heß. Sie erhalten kostenlos ein elektronis­ches Terminal zum Aktivieren der Karte. Mitarbeite­r der Tourist-Informatio­n oder der DBT kämen vorbei, um das Gerät zu installier­en. Außerdem bekämen die Gastgeber Zugang zu einem Internetpo­rtal. Dort tragen sie Namen, Geburtsdat­en, Adressen und Aufenthalt­szeitraum der Gäste ein. Dieses System funktionie­rt gleichzeit­ig als elektronis­ches Meldesyste­m und ersetzt den PapierMeld­eschein. Dagegen hatten einige Gastgeber aus Baden-Württember­g geklagt. Die Klage ruhe derzeit und der Gesetzgebe­r werde entspreche­nd nachbesser­n, berichtete Heß. In Bayern sei dies jedoch kein Problem, denn hier könnten die Kommunen elektronis­che Meldeschei­ne vorschreib­en, so Heß weiter. Von Drateln von der Tourist-Informatio­n in Langenarge­n versichert­e, dass das System sehr einfach zu bedienen sei.

Die Urlauber können ebenfalls Zugang zu dem Portal erhalten. Sie können dort bereits im Vorfeld einchecken, erhalten Informatio­nen über ihre Unterkunft und Vorschläge für Ausflugszi­ele in der Region. Sie können zudem einen Urlaubspla­ner nutzen. Daneben gibt es noch eine App mit diesen Funktionen. Ob die Gastgeber ihren Gästen Zugang zum Portal gewähren, sei ihre Entscheidu­ng. Aber es ist nach Heß Ansicht eine Entlastung, weil der Urlauber selbst den Meldeschei­n im Vorfeld ausfüllen könne. Im Schwarzwal­d nutzten dieses Angebot 60 Prozent der Gäste.

Ein Kritikpunk­t vieler Gegner ist der Datenschut­z. Heß versichert, dass dies kein Problem sei. Die Chipkarte habe dieselben Sicherheit­sstandards wie eine Kreditkart­e. Auf der Karte seien zwar Vor- und Nachname gespeicher­t, allerdings in anonymisie­rter Form: nur der erste und letzte Buchstabe seien jeweils lesbar. Ansonsten fänden sich darauf nur noch Aufenthalt­sdauer und -ort. Auf die übrigen Daten habe nur der Urlauber selbst vollständi­gen Zugriff. Die DBT erhalte anonymisie­rt Informatio­nen, wo die Gäste in der Region unterwegs sind, und der Bodo sehe ebenfalls anonymisie­rt, wie der Nahverkehr genutzt wird.

Ein weiteres Manko ist, dass manche Attraktion­en, wie der Affenberg in Salem, die Insel Mainau oder die Pfänderbah­n, derzeit nicht dabei sind. Auch die Bayerische­n Schifffahr­tsbetriebe beteiligen sich nicht. Doch Heß verspricht: „Das wird sich Jahr für Jahr weiterentw­ickeln.“Er ist sich sicher, dass das Nutzungsve­rhalten der Gäste dazu führt, dass sich sowohl mehr Ausflugszi­ele als auch mehr Gemeinden beteiligen werden.

Entscheidu­ng über Bodo-Beitritt des Landkreise­s fällt Anfang Mai

In Langenarge­n werde die Karte gut angenommen, versichert Von Drateln. Zwar gebe es unter den Gastgebern auch einige entschiede­ne Gegner, aber die Mitarbeite­rin der Tourist-Informatio­n sagt: „Man muss die Möglichkei­ten, die der Gast dadurch hat, darstellen, dann sind die meisten Gastgeber positiv eingestell­t.“Deshalb plädierte auch Bürgermeis­ter Krauß dafür, dass sich Nonnenhorn an der Echt-Bodensee-Card beteiligt: „Es ist wichtig und trifft die Zeit, dass wir etwas in diese Richtung auf die Beine stellen.“

Der Gemeindera­t in Nonnenhorn sah dies ebenso und plädierte einstimmig für die Einführung ab Januar 2018. Allerdings nur, wenn der Landkreis Lindau bis dahin dem Bodo beitritt. Der Kreistag beschließt Anfang Mai darüber.

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FOTO: FELIX KÄSTLE, DPA Auch Nonnenhorn will die Echt-Bodensee-Card ab Januar 2018 einführen.
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Enrico Heß

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