Sorgenfalten bei Kutschern nach Unfall
Zwei Pferde gehen bei Schloss Neuschwanstein durch, drei Gäste werden verletzt
SCHWANGAU - Bei einem Kutschenunfall bei Schloss Neuschwanstein, sind am Sonntag drei Fahrgäste leicht und mittelschwer verletzt worden. Jetzt herrscht vor allem bei den Fahrern leichte Unruhe. Sie befürchten „Negativwerbung“und sehen auf Dauer ihr Geschäft in Gefahr. Dabei komme es nur selten zu Zwischenfällen und Sicherheit werde ganz großgeschrieben, sagt Reinhold Reichart. Sein Betrieb ist einer von dreien, die Fahrten zum Schloss anbieten. Trotzdem gingen am Sonntag zwei Pferde eines anderen Anbieters durch und kamen mit ihrer Kutsche von der Fahrbahn ab.
Zehn ausländische Fahrgäste brachten sich mit einem Sprung in Sicherheit, eine 55-jährige asiatische Touristin wurde jedoch von der Kutsche geworfen und verletzte sich an der Schulter. Das Gespann kam erst zum Stehen, als sich die vordere Achse an einem Baum verfing.
Warum die Tiere, die bei dem Unfall unverletzt blieben, außer Kontrolle gerieten, ist unklar, sagt Füssens stellvertretender Polizeichef Helmut Maucher. Auch Reichart kann sich das nicht erklären: „Die Pferde juckt eigentlich nix.“Nur ausgewählte und besonders zuverlässige Tiere würden vor die Wagen gespannt.
Kutscher: „Viele Leute haben keine Ahnung von Pferden“
Es könne aber vorkommen, dass die Tiere sich erschrecken – wie Menschen auch, weiß Hanni Boxler. Sie bietet mit ihrem Mann in Oberstdorf Kutschfahrten an. Manchmal komme es aber auch zu brenzligen Situationen, weil Menschen keine Rücksicht nehmen, sagt Franz Boxler. „Viele Leute haben keine Ahnung von Pferden“, bestätigt einer der Kutscher in Hohenschwangau. Sie würden die Tiere unvermittelt anfassen oder vor ihnen knien und Fotos machen. Reichart ist es sogar passiert, dass eines seiner Pferde getreten wurde. Wäre das Tier damals durchgegangen, „wäre das Drama perfekt gewesen“, sagt er. Normalerweise bringe die Pferde aber nichts aus der Ruhe.
Für Tierschützer sind solche Unfälle jedoch immer wieder ein Anlass, das Ende von Pferdekutschen als Beförderungsmittel zu fordern, weiß Reichart: „Dadurch wären hier drei Betriebe über Nacht brotlos.“Davon abgesehen, dass ein „Stück Kulturgut“verloren ginge. Überlegungen, den Kutschenbetrieb bei Schloss Neuschwanstein aus Sicherheitsgründen einzustellen, gebe es derzeit jedoch nicht, versichert Franziska Hölzle von der Schlösserverwaltung. In der Warteschlange vor der Kutschen-Station wissen die meisten Besucher nichts von dem Unfall am Sonntag. „Es kann überall etwas passieren“, sagt Guiseppina Anselmi unbeeindruckt. Das halte sie nicht davon ab, mit der Kutsche zu fahren.
Zudem seien viele nicht in der Lage, die längere Strecke zum Schloss zu Fuß zurückzulegen. „Ich habe keine Angst“, sagt auch eine Frau aus Heidelberg, die sich sehr auf die Fahrt zum Schloss freut. Viele stehen hier eine halbe Stunde oder länger an und schwärmen nachher von dem schönen Erlebnis. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unfall passiert, ist doch sehr gering“, sagt Monika Delwig aus dem Rheinland.
Um das Risiko eines Unfalls so gering wie möglich zu halten, gibt es einige Sicherheitsvorkehrungen, erläutert Reichart auf der 15-minütigen Fahrt vorbei an hunderten Menschen. Bevor er seine ungeduldigen Fahrgäste einsteigen lässt, macht Reichart die Bremsen seines Gefährts fest und bindet die Pferde mit einer Kette an. Oben angekommen, stehen die Tiere vor einem Tor, das sich nur mit einer Fernbedienung öffnen lässt. „So können die Pferde nicht unkontrolliert weg“, erläutert Reichart. Damit sie sich auf der Fahrt nicht von den vielen Menschen und Fahrzeugen um sich herum erschrecken lassen, werden seine Zugpferde intensiv ausgebildet, sagt Reichart. Es würden verschiedene Szenarien geübt und Krafttraining gemacht. Reagiere ein Tier nervös, komme es nicht für diese Arbeit in Frage, sagt der Pferde-Experte. Um sie zu schonen, fahren die Tiere am Tag höchstens vier Mal hoch und runter.