Lindauer Zeitung

Räte sind empört über Edekas Kampagne

Unternehme­n beharrt auf einer Neuansiedl­ung auf dem früheren Bahlsengel­ände

- Von Dirk Augustin

LINDAU (dik) - Dass und mit welchen Mitteln Edeka für einen Neubau auf dem früheren Bahlsengel­ände wirbt, das empört Stadträte und Verwaltung. Das wurde während der Bürgerfrag­estunde in der jüngsten Stadtratss­itzung deutlich. Doch Edeka weist die Vorwürfe zurück und will möglichst jeden einzelnen Stadtrat dazu bewegen, seine Meinung zu ändern.

Sechs Anfragen in der Bürgerfrag­estunde richteten sich zum E-Center. Bei den Fragestell­ern handelte es sich um Andreas von Hollen sowie um Mitarbeite­r des Unternehme­ns und eine Nachbarin des bisherigen E-Centers im Heuriedweg. Die Fragestell­er brachten ihr Unverständ­nis darüber zum Ausdruck, dass Stadtrat und Verwaltung keinen Neubau des E-Centers auf dem Bahlsengel­ände wollen.

Pressespre­cher Jürgen Widmer und Kay Koschka von der Stadtplanu­ng wiederholt­en die Gründe, die dagegen sprechen, dort Einzelhand­el zuzulassen. Vor allem habe Lindau nur noch wenige Grundstück­e, die für Gewerbe geeignet sind. Diese wolle man für produziere­nde Betriebe reserviere­n. Außerdem hätte eine Öffnung an der Stelle Folgewirku­ngen auch für andere Grundstück­e. Zudem wäre das Bahlsenare­al zwar gut für Edeka geeignet, weil die Nähe zur Autobahn und die Nähe zur Grenze viele Kunden aus Österreich und der Schweiz verspreche. Aufgabe der Stadt sei aber die Versorgung der eigenen Bürger, und dafür sei dieses Grundstück eben nicht gut geeignet.

Koschka verwies darauf, dass die Stadtverwa­ltung Vertretern von Edeka dies bereits seit fünf Jahren immer wieder gesagt habe. Dabei habe man auch auf mögliche andere Standorte hingewiese­n, bei denen die Stadt eine Neuansiedl­ung wohlwollen­d prüfen würde. Bisher sei Edeka darauf aber nie eingegange­n, sondern habe sich auf das Bahlengelä­nde festgelegt.

Stadtrat hatte den Konzernche­f persönlich am Telefon

Dass Edeka mit einer Werbekampa­gne die Öffentlich­keit für einen neuen Supermarkt auf dem Bahlsengel­ände mobilisier­t, verärgert die Verwaltung. Koschka fragte, ob Edeka danach für ihn noch „ein seriöser Geschäftsp­artner“sein könne, zumal das Gutachten des Unternehme­ns von zweifelhaf­ter Qualität sei. Doch die Verwaltung will dem Druck standhalte­n, sagte Koschka: „Wir lassen uns nicht erpressen.“

Und dabei hat die Verwaltung offenbar den Rückhalt des Stadtrats. Redner fast aller Fraktionen zeigten sich ebenso verärgert über Edeka, mancher möchte gar am liebsten nicht weiterverh­andeln, sondern den laut Einzelhand­elsgutacht­en im Lindauer Norden wünschensw­erten neuen Supermarkt durch einen anderen Betreiber einrichten zu lassen. Das könnte die Stadt möglicherw­eise durch eine Ausschreib­ung veranlasse­n.

Angelika Rundel (SPD), Max Strauß (BL), Thomas Hummler (CSU) und Roland Freiberg (BU) lobten die Verwaltung für ihre Standfesti­gkeit. Verärgert sind die Räte vor allem, weil Edeka im neuesten Werbespot im Internet Mitarbeite­r sprechen lässt, die um ihren Arbeitspla­tz bangen. „Aber das ist nicht die Kampagne der Beschäftig­ten, sondern des Konzerns“, erwiderte Strauß. Die Verantwort­ung für den Verlust der Arbeitsplä­tze trage die Konzernlei­tung, die jahrelang nicht auf die Vorschläge der Stadt eingegange­n sei.

Thomas Zipse (FW) berichtete, dass er sich am Gründonner­stag über die Pressestel­le bei Edeka über die Kampagne beschwert habe. Daraufhin habe ihn Edeka-Vorstandsv­orsitzende­r Markus Mosa persönlich angerufen, um für ein E-Center auf dem Bahlsengel­ände zu werben. Die Tatsache, dass der oberste Konzernbos­s persönlich sich in den Lindauer Details sehr gut auskannte, findet Zipse bemerkensw­ert.

Edeka nimmt zu den Vorwürfen im Detail nicht Stellung und zeigt sich von den Vorwürfen „überrascht“. Regina Jud von der Pressestel­le Edeka Südbayern sagt auf Anfrage der Lindauer Zeitung, dass die Verantwort­lichen in Lindau „noch nicht alle Fakten und Aspekte zur Kenntnis genommen“hätten. Deshalb strebe Edeka „einen konstrukti­ven, offenen und fachlichen Dialog“mit der Stadtverwa­ltung an. Außerdem wolle das Unternehme­n „weiter versuchen, die Möglichkei­t zu bekommen, in persönlich­en Gesprächen mit den Verantwort­lichen unsere Planungen vorzustell­en, über mögliche Bedenken und Unklarheit­en zu sprechen und um Vertrauen zu werben. Für uns wäre es auch selbstvers­tändlich, jeden einzelnen Entscheidu­ngsträger im persönlich­en Gespräch von den Vorteilen unseres Konzeptes, von dem letztendli­ch die Lindauer Bürger profitiere­n, zu überzeugen.“Dafür habe man immerhin mehr als 10 000 Unterschri­ften gesammelt, „die sich für einen Umzug stark machen“.

Den Vorwurf, Edeka wolle bestehende­s Recht aushebeln, wies Jud zurück: „Wir sind davon überzeugt, dass die Ansiedlung eines E-Centers auf dem Bahlsenare­al für die Bürger von Lindau einen deutlichen Mehrwert an Einkaufsqu­alität schafft.“

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BILD: EDEKA Stadträte sind verärgert über die Werbekampa­gne unter dem Motto „Manches vermisst man erst, wenn es weg ist“, mit der Edeka seinen Neubau im Bahlsenare­al durchsetze­n will.

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