„Es ist schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden“
MOSKAU - Am heutigen Dienstag trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel Russlands Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi. Mit Syrien und Ukraine stehen zwei schwierige Themen auf der Agenda, wie Wladislaw Below (Foto: dpa), Direktor des Zentrums für Deutschlandforschungen am Europainstitut der Russischen Akademie der Wissenschaften, im Gespräch mit KlausHelge Donath erzählt.
Herr Below, nach zwei Jahren kommt Angela Merkel erstmals wieder nach Russland. Könnte das der Einstieg in die Normalisierung der Beziehungen sein?
Sicherlich will Frau Merkel die Stimmung in Moskau ausloten. Deutschland bleibt aber auch in schwierigen Zeiten wichtigster Ansprechpartner in der EU und nicht zuletzt auch deren schärfster Befürworter von Sanktionen. Das sind zwar EU-Maßnahmen, aber mit preußischem Beigeschmack, sozusagen.
Wie meinen Sie das?
Es gab eine klare Ansage aus Berlin: keine Zusammenarbeit auf den höchsten politischen Ebenen. In allen anderen Bereichen aber weitermachen wie bisher. Die regionale Kooperation wurde nach Verhängung der Sanktionen deutlich verstärkt. Merkel plädiert dafür, sich auf gemeinsame Berührungspunkte zu konzentrieren, die in die Zukunft weisen, statt an den aktuellen Problemen mit Russland haltzumachen.
Das klingt, als gäbe es keine Krise.
Eingefrorene Regierungskonsultationen sind noch keine Krise, wir können auch ohne dieses Gremium weiterreden, um den Kontakt nicht aufs Spiel zu setzen. Trotz aller Schwierigkeiten entwickeln sich die deutsch-russischen Beziehungen im Unterschied zu den Kontakten zur EU weiter. Nicht an der Spitze, aber als Arbeitsdialoge auf den Ebenen unmittelbar darunter. Es ist jedoch keine Zeit für große Delegationen.
Gibt es in der Ukraine und im Syrien-Konflikt eine Chance, aus der Sackgasse herauszukommen?
Kiew hat die Armee verstärkt. Widerstand wird schwieriger. Putin könnte versucht sein, die Rebellen offiziell zu unterstützen. Er hat ja auch schon Pässe in den „Volksrepubliken“Luhansk und Donezk ausgegeben. Sie müssen also darüber sprechen, wie es in der Ostukraine weitergehen soll.
Ist die Lage in Syrien nicht noch verfahrener?
Syrien ist zurzeit wichtiger als die Ukraine. Merkel ist überzeugt, Assad sei ein Mörder. Folglich unterstützt Putin einen Verbrecher. Auch meine deutschen Kollegen sehen das so. Es ist sehr schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden.