Bundestagswahl im Herbst unter neuen Vorzeichen
CDU und FDP freuen sich vorsichtig – Erstes Sondierungsgespräch in NRW vereinbart
BERLIN - Nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen ist ein schwarz-gelbes Bündnis genauso möglich wie eine Große Koalition unter Führung der CDU. Die Entscheidung könnte ein Vorzeichen für die Bundestagswahl im September sein. CDU und FDP haben bereits ein erstes Gespräch über eine Regierungsbildung vereinbart. Der CDULandesvorsitzende Armin Laschet habe sich bei FDP-Landeschef Christian Lindner gemeldet und zu einem Sondierungsgespräch eingeladen, sagte ein FDP-Sprecher am Montagabend in Düsseldorf.
Freude pur herrschte im Adenauer-Haus am Tag nach der Wahl, doch die Christdemokraten wollen den Ball flach halten. CDU-Vize Thomas Strobl sieht im Wahlergebnis „Rückenwind und eine gute Ausgangsposition“für die Bundestagswahl. Mehr aber auch nicht. „Wir haben vier harte Monate, die vor uns liegen.“SPD-Chef Schulz sei entzaubert, man dürfe den Gegner aber trotzdem nicht unterschätzen. „Wir freuen uns in Demut“, sagt Strobl.
„Unsere Leute müssen laufen“
Als wenig demütig, sondern eher übermütig im CDU-Vorstand der Ruf nach Champagner erklang, korrigierte Winzertochter und CDU-Vize Julia Klöckner gleich: Winzersekt. Nur nicht abheben, ist die Devise im Adenauer-Haus. CDU-Generalsekretär Peter Tauber trinkt keinen Alkohol und will das auch jetzt nicht tun, sondern sich weiter auf den Haus-zu-Haus-Wahlkampf konzentrieren. Die Kunst sei es, jetzt die Motivation hoch zu halten. „Unsere Leute müssen laufen.“
Julia Klöckner mahnt, die Strecke bis zur Bundestagswahl im Herbst sei länger als die Zeit, die der SchulzHype gedauert habe. „Man kann noch über sich selbst stolpern“, warnt sie. Klöckner hat es selbst erlebt im Wahlkampf in RheinlandPfalz, der so lange gut für sie lief, bis sie zuletzt die Nerven verlor und sich von der Flüchtlingspolitik Angela Merkels distanzierte.
CDU-Chefin Angela Merkel neigt ohnehin nicht zu überschäumender Freude. Sie tritt am Mittag zusammen mit dem erfolgreichen NRWSpitzenkandidaten Armin Laschet vor die Presse. Den Ruhm für den Sieg in Düsseldorf will Merkel nicht für sich selbst reklamieren, obwohl viele Wähler ihre Politik als Grund für ihre Wahl nannten. Als entscheidend für den Regierungswechsel erachtet Merkel die schlechte Bilanz der rot-grünen Landesregierung in NRW. Sie wünscht Armin Laschet deshalb eine glückliche Hand, die anstehenden Probleme in Nordrhein-Westfalen zu lösen.
Auch in Berlin soll es weiter an die Arbeit gehen. Anfang Juli, so die Kanzlerin, wollen CDU und CSU gemeinsam ihr Regierungsprogramm vorstellen. Schwerpunkte sind die innere und äußere Sicherheit, Gerechtigkeit, Zusammenhalt der Gesellschaft und Europa. „Deutschland wird es nur gut gehen, wenn es Europa gut geht“, mahnt Merkel.
Armin Laschet wird gefragt, warum nicht er als Held der Wahl, sondern immer Finanzstaatsekretär Jens Spahn als möglicher Kanzlerkandidat und Merkel-Nachfolger genannt werde. Laschet antwortet ausweichend: „Wir stehen jetzt vor einer Bundestagswahl, wo wir eigentlich eine Kanzlerkandidatin haben.“„Nicht mal nur eigentlich“, stellt Merkel schnell klar.
Zurückhaltend hatte Laschet auf die Frage reagiert, mit wem er regieren möchte. Auch FDP-Chef Christian Lindner betonte am Morgen, man werde sich Zeit nehmen für die Analyse der Wahl. Die FDP hatte in NRW ihr bisher bestes Ergebnis erreicht. Da liegt es nahe, in die Regierung zu gehen. Ganz allein ist der FDP-Chef in die Bundespressekonferenz gekommen. „Weil immer der Bundesvorsitzende mit dem Spitzenkandidaten zusammen das Wahlergebnis kommentiert“, so Lindner. Er ist beides, Bundeschef und NRW-Chef. Damit aber niemand denkt, jetzt würde er alles allein entscheiden, fügt er gleich hinzu: Über einen möglichen Koalitionsvertrag in Düsseldorf entscheiden die Mitglieder. Sicher ist, Lindner wird erst einmal in Düsseldorf über eine Regierung verhandeln, dann aber nach der Bundestagswahl nach Berlin gehen. Er werde lieber ein einflussloser Oppositionsabgeordneter im Bund als Vize-Ministerpräsident in NRW. Schließlich habe er seinen Liberalen zugesagt, sie zurück in den Bundestag zu führen.