Realität nicht aus den Augen verlieren
Vor wenigen Jahren noch hat sich die Stadt Lindau im Erfolg gesonnt: Sie hat damals rechnerisch für nahezu jedes Kind zwischen drei und sechs Jah- ren einen Kindergartenplatz vorgewiesen und die von Berlin ausgegebene Quote für Krippenplätze seinerzeit deutlich übertroffen. Mittlerweile zeigt sich: Die Bedarfsprognosen von damals sind längst überholt. Zum einen bekommen Lindauer Familien wieder mehr Nachwuchs. Andererseits zieht das gute Angebot an Arbeitsplätzen verstärkt junge Familien in die Stadt. Und diese meist hochqualifizierten Mütter und Väter wollen nicht nach der Geburt eines Kindes drei Jahre zu Hause sitzen, um dann unter Umständen nicht einmal einen Kindergartenplatz zu bekommen. Die brauchen gute Krippenplätze, und das möglichst schnell. Natürlich hat die Stadt den Neubau der Kita St. Ludwig errichten lassen. Natürlich stehen weitere Kindergärten im Rothmoos und auf dem Cofely-Areal auf der Todo-Liste. Doch das reicht nicht. Die Vielzahl der Absagen, welche die Stadt jetzt den Lindauer Familien erteilt hat, zeigt ganz deutlich: Der Bedarf an Kinderbetreuung ist größer als das Angebot im Stadtgebiet. Diese Realität dürfen die Verantwortlichen nicht aus den Augen verlieren. Und da wundert es doch, wenn die Stadt die im Mai anstehende Hauptausschusssitzung absagt mit dem Hinweis, es gebe keine Beratungsgegenstände: Kinderbetreuung wäre ein äußerst wichtiges Thema für dieses Gremium. Für Lindau heißt es Ärmel hochkrempeln und so schnell wie möglich Lösungen schaffen. Denn erste Familien überlegen bereits, ihren rechtlich verbrieften Anspruch auf Kinderbetreuung einzuklagen.