„Wir haben die Zeit, und wir nehmen sie uns“
Seit 50 Jahren werden Kinder an der Antonio-Huber-Schule in Lindenberg besonders gefördert – Heute ist Schulfest
LINDENBERG - Antonio Huber ist ein vermögender und sozial eingestellter Mann gewesen. Die Unterstützung des Gemeinwesens und Hilfen für Kinder waren dem Pferdehändler ein Anliegen. Nicht von ungefähr trägt die Antonio-HuberSchule (AHS) in Lindenberg seinen Namen. Seit 50 Jahren werden Kinder dort besonders gefördert. Gefeiert wird das Jubiläum heute mit einem Festakt und einem Schulfest ab 14 Uhr.
Die Schule liegt fast in Wurfweite von Kirche und Rathaus mitten in Lindenberg. Sie gehört zum „Sonderpädagogischen Förderzentrum“. Der sperrige Begriff beschreibt, um was es an der Schule geht. Junge Menschen, die in einigen Bereichen nicht ganz mit Gleichaltrigen mithalten können, werden an der AHS gefördert. Das sind beispielsweise Kinder, deren sprachliche Entwicklung nicht altersgemäß ist, oder die Unterstützung bei der sozial-emotionalen Entwicklung benötigen.
Die Klassen sind klein. Die Lehrer unterrichten zwölf bis maximal 14 Schüler. Das gibt die Möglichkeit, intensiver auf jeden Einzelnen einzugehen. „Wir haben die Zeit, und wir nehmen sie uns“, sagt Magin, die die AHS seit sieben Jahren leitet. Über Erfolge sollen die Schüler Selbstvertrauen erwerben. „Sie merken: Ich kann etwas und kann dadurch etwas erreichen“, sagt Ulrike Bensch, die stellvertretende Schulleiterin. Erfolge wiederum motivieren Schüler – im Idealfall eine positive Spirale.
Persönlichkeiten stärken
Das Prinzip gilt sowohl für die Förderund Diagnoseklassen, nach denen Kinder auf eine normale Grundschule wechseln können, als auch die höheren Jahrgangsstufen. Dabei legen die Pädagogen den „Fokus nicht allein auf Leistung“, wie es Andreas Knödler, einer der 33 Lehrer, formuliert. Es geht auch um Soziales. Die Schule will die Persönlichkeit der Kinder und Jugendlichen stärken. Das ist ein Grund, weshalb die AHS auf Gemeinschaft großen Wert legt. Die Kinder erleben sie bei Ausflügen, den Wintersportwochen oder gemeinsamem Eislaufen. Dabei gehen Erstund Neuntklässler mitunter buchstäblich Hand in Hand. Und erreichen Bemerkenswertes. So gingen beispielsweise 160 Schüler auf die erste Etappe der Pferdehändler von Lindenberg nach Niederstaufen.
Das Konzept hat Erfolg. Das zeigen die Rückmeldungen vieler Eltern und von Schülern, die im Berufsleben Tritt gefasst haben. Das belegen aber auch Statistiken. Die allermeisten Jugendlichen schaffen den Einstieg ins Berufsleben – direkt oder über Umwege wie ein Berufsgrundschuljahr oder berufsvorbereitende Maßnahmen.
14 Klassen gibt es an der AHS. Sie ist damit voll belegt. Dabei sollte mit der Einführung inklusiver Schulen die Zahl der Klassen in Förderzentren zurückgehen – dachte die Politik. Es ist anders gekommen. Magin wundert das nicht. „Viele Eltern“, sagt die Rektorin, „wählen bewusst die Förderschule.“Auch nach den Erfahrungen der Rektorin ist Inklusion „nicht für alle Schüler die beste Möglichkeit“.
Weil die Antonio-Huber-Schule im Landkreis Lindau anerkannt ist, hat sie konstant hohe Schülerzahlen. Damit hält die bauliche Entwicklung nicht immer Schritt. Immer wieder behalf sich die Schule mit Provisorien. So musste sie zehn Jahre warten, ehe eine Halle für den Sportunterricht errichtet wurde.
Ganztagesklassen haben Platznot
Beengte Verhältnisse gibt es auch heute, allerdings in anderen Bereichen. Der Hof ist für die 160 Schüler sehr klein. Zudem macht Platznot den Ganztagesklassen zu schaffen, die es seit vier Jahren an der AHS gibt. Sie sind aus Sicht des Kollegiums durchaus sinnvoll. „Unsere Schüler brauchen oft mehr an Strukturen“, sagt Magin. Es fehlt aber an Ruhe- und Rückzugsräumen gerade für jüngere Schüler und an einer Mensa. Deshalb müssen die Schüler ihr Mittagessen im Klassenzimmer einnehmen. Dabei hätte das gemeinsame Mahl einen „pädagogischen Wert“(Magin).
Das Gebäude gehört der Stadt Lindenberg. Sie hat es an den Landkreis Lindau verpachtet. In vier Jahren läuft der Vertrag aus. Das würde die Möglichkeit für grundsätzliche Veränderungen schaffen. Im Hintergrund laufen dazu Gespräche. Das Ergebnis ist offen. Neben mehr Platz wünschen sich die Lehrer vor allem noch eines: Entlastung von bürokratischen Arbeiten, damit sie sich auf das konzentrieren können, was ihr Anliegen ist: die Förderung der Kinder und Jugendlichen.
„Viele Eltern wählen bewusst die Förderschule.“Schulleiterin Elisabeth Magin