Gipfel der Uneinigkeit
Auch G7-Plan für Flüchtlingskrise scheitert am Widerstand der USA
TAORMINA - Die Unberechenbarkeit des US-Präsidenten Donald Trump und die Ungewissheit beim Klimaschutz und Handel stürzen die Staats- und Regierungschefs führender Industrienationen (G7) in eine schwere Krise. Die Blockade der USA hat einen umfassenden Plan von Gastgeber Italien und anderen G7Länder für eine bessere Bewältigung der Flüchtlingskrise zu Fall gebracht.
Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag auf dem Gipfel der sieben großen Industrienationen im italienischen Taormina auf Sizilien erfuhr, bestanden die US-Unterhändler darauf, stattdessen nur zwei Paragrafen in die Abschlusserklärung aufzunehmen, die Grenzsicherung und Sicherheitsaspekte hervorheben. Entwicklungsorganisationen übten scharfe Kritik und warnten davor, den harten Text so aufzunehmen.
Italien hatte eigentlich eine Erklärung zu den positiven Aspekten und Chancen der Zuwanderung gemeinsam mit den G7-Partnern verabschieden wollen. Dabei sollte es auch um Rechte von Flüchtlingen und Schutz vor Ausbeutung gehen. Es war neben einer ebenfalls schon gescheiterten Initiative zur Ernährungssicherheit der zweite Kernpunkt der Präsidentschaft Italiens, das den Gipfelort in Sizilien gewählt hatte, weil dort die meisten Flüchtlinge ankommen.
Im Entwurf der Abschlusserklärung zu den Flüchtlingen heißt es auf Wunsch der USA unter anderem: „Wir bestätigen die souveränen Rechte der Staaten, ihre Grenzen zu kontrollieren und klare Grenzen für die Zuwanderung zu setzen.“Wie geschildert wurde, hätten die USA bisher auch keinerlei Verhandlungsbereitschaft gezeigt. „Nimm es oder sonst machen wir nichts“, hätten die US-Unterhändler gesagt, schilderten informierte Kreise. Das Flüchtlingsproblem steht auch heute bei dem Treffen der G7-Führer mit Vertretern afrikanischer Staaten – Tunesien, Niger, Nigeria, Kenia und Äthiopien – auf der Tagesordnung.
Kritik an US-Handelspolitik
Das Treffen in Taormina war von Anfang an ein Treffen von 6 plus 2 gegen einen. Von Angela Merkel, Emmanuel Macron, Paolo Gentiloni, Shinzo Abe, Justin Trudaeu, Theresa May, Donald Tusk und Jean-Claude Juncker gegen Trump. Das der sich bis auf das Thema Terrorismus bei allen anderen Tagesordnungspunkten quer legen werde, war allen Teilnehmern klar. „Es sei denn“, so Juncker, Präsident der EU-Kommission in Taormina, „es wird ein Wunder geschehen, aber glauben Sie an Wunder?“
Als Antwort auf den Anschlag in Manchester haben die G7-Länder eine Erklärung im Kampf gegen den Terrorismus verabschiedet. „Das ist eine starke Botschaft der Freundschaft, Nähe und Solidarität mit Großbritannien“, sagte der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Die britische Premierministerin Theresa May bedankte sich für die Unterstützung im Angesicht der „entsetzlichen Attacke“. Es sei wichtig, dass die Gruppe gezeigt habe, entschlossen im Kampf gegen den Terrorismus zu sein.
Die G7-Staaten haben Internetkonzerne aufgefordert, härter gegen extremistische Inhalte im Netz vorzugehen. In einer Erklärung hieß es, Telekommunikationsanbieter und soziale Medien müssten „ihre Bemühungen gegen terroristische Inhalte bedeutend steigern“.
Im Streit mit den USA über Freihandel und Schutzzölle gibt sich die Europäische Union selbstbewusst. „Wir müssen immer wieder klarmachen, dass Millionen von US-Jobs vom Handel mit der EU abhängen“, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström dem „Spiegel“. Die Handelspolitik von Trump kritisierte sie: „Die Methode der Amerikaner, plötzlich bestimmte Stahlprodukte als sicherheitsrelevant einzustufen, finden wir sehr problematisch.“Auch Vorschläge einer Grenzsteuer oder sogenannte Buy-America-Vorschriften gingen in eine protektionistische Richtung. Trump hatte am Donnerstag mit EU-Spitzenpolitikern kein Einvernehmen über die Handelspolitik erzielt, aber immerhin eine Arbeitsgruppe verabredet. In der Klimapolitik gab es keine Annäherung zwischen Trump und den anderen Teilnehmern.