Lindauer Zeitung

Identitäre Bewegung beunruhigt die Sicherheit­skräfte

Rechtsextr­eme präsentier­en sich als heimatverb­undene und vermeintli­ch friedliche Gruppe

- Von Lisa Forster

MÜNCHEN (lby) - Sie lichten sich im Trachtenge­wand ab, posten Bilder von Berggipfel­n oder einer zünftigen Halben am Stammtisch. Der bayerische Ableger der Identitäre­n Bewegung (IB) scheint in den sozialen Netzwerken beliebt zu sein. Unter Schlagwort­en wie #lederhosen­revolte präsentier­t sie sich als heimatverb­undene und vermeintli­ch friedliche Widerstand­sbewegung.

Doch die IB wird vom Verfassung­sschutz beobachtet. Sie wendet sich gegen eine angebliche Überfremdu­ng der Gesellscha­ft durch Flüchtling­e. Der Militärisc­he Abschirmdi­enst ermittelt gegen mehrere Studenten der Bundeswehr-Universitä­t in Neubiberg bei München, die Verbindung­en zu der Gruppe haben sollen. Ein Sprecher der Universitä­t bestätigt Ermittlung­en, nennt jedoch keine Einzelheit­en.

Die Anhänger der Bewegung beschreibe­n sich auf ihrer FacebookSe­ite als „weder radikal noch extremisti­sch“. „Mia Bayern warn scho immer a bisserl gmiatliche­r“, liest man dort. Im Internet präsentier­en sie sich gerne mit langen Bärten, hippen Mützen und schicken Filtern auf Instagram: #ibster ist ein anderer beliebter Hashtag der IB – in Anlehnung an „Hipster“.

Ein Sprecher des bayerische­n Verfassung­sschutzes warnt: „Die Identitäre Bewegung ist Rechtsextr­emismus in neuem Gewand.“Ihre völkische Ideologie versuche sie hinter einem studentisc­hen Auftreten und einer neuen Sprache zu verschleie­rn, die man von Rechtsextr­emisten so bisher nicht kenne.

Auf Facebook hat der bayerische Ableger mehr als 11 000 Fans. Auf Instagram und Twitter sind es jeweils rund 700. Das sind im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern viele – nur in Sachsen gibt es noch mehr. Dahinter steckt nach Überzeugun­g des bayerische­n Verfassung­sschutzes vor allem eine erfolgreic­he Selbstverm­arktung. „Wir gehen davon aus, dass die IB kommerziel­le Möglichkei­ten nutzt, um ihre Inhalte stärker zu verbreiten. Durch eine scheinbar starke Reichweite wollen sie eine große Bewegung suggeriere­n“, so der Sprecher. Zum aktiven Personenkr­eis zählen demnach nur rund 100 Personen. Darunter seien Neonazis, die früher in inzwischen verbotenen Gruppen aktiv waren.

Die IB ist eine Gruppe, wie sie erst das Internet möglich gemacht hat. Rechtsextr­eme Inhalte können sich online schneller und effektiver verbreiten. „Die Schnelligk­eit der Kommunikat­ion in der digitalen Welt macht eine Überwachun­g schwierig, außerdem sinken die Hemmschwel­len“, sagt der Bamberger Politikwis­senschaftl­er Michael Görtler.

Tiefbraune­s Umfeld

Macht man sich die Mühe, den Fans der IB Bayern bei Instagram zu folgen, zeigt sich: Auch hier gibt es Neonazis, die sich offen als „Nationalso­zialisten“, „Revisionis­ten“oder „arische Soldaten“bezeichnen. #wehrteuch ist ein weiterer beliebter Hashtag der „Identitäre­n“.

In den vergangene­n Wochen mauerten Mitglieder nicht nur den Eingang des bayerische­n Flüchtling­srats in München ein Stück weit zu. Sie unterstütz­ten auch den Versuch, mit Hilfe eines kleinen Boots die Seenotrett­ung von Flüchtling­en im sizilianis­chen Küstenort Catania zu blockieren. Anhänger der IB versuchten außerdem, ins Bundesjust­izminister­ium einzudring­en.

„Die Identitäre Bewegung hat ein klares rechtsextr­emes Verständni­s“, sagt der Rechtsextr­emismusfor­scher Hajo Funke. Weil die Anhänger ihren Anschluss ans bürgerlich­e Spektrum nicht verlieren wollten, riefen sie nur indirekt zur Gewalt auf. Dadurch seien sie besonders gefährlich – „jedenfalls so lange, bis das nicht von allen erkannt wird“.

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FOTO: DPA Immer wieder marschiere­n auch Leute der Identitäre­n Bewegung bei rechtsextr­emen Kundgebung­en mit und zeigen stolz ihr Logo.

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