Ein Kontrastprogramm zum aktuellen Amerika
Wolfram Frommlet und Jürgen Jakob laden auf Schloss Achberg zum literarisch-musikalischen Salon zum Thema Freiheit in den USA
ACHBERG - Zum literarisch-musikalischen Salon unter dem Titel „Freedom. 150 Jahre Literatur und Musik der USA“haben Wolfram Frommlet und der Pianist Jürgen Jakob am Donnerstagabend im Rahmen des Bodenseefestivals in den Rittersaal von Schloss Achberg eingeladen. Das Wort „Freedom“im Titel hätte vorwarnen können: Kein genüssliches Zurücklehnen war angesagt, sondern Rebellion und Aufruhr.
Erst die letzten Titel ließen Hoffnung aufkeimen: Langston Hughes’ Aufruf „Let America be America again“, Emily Dickinsons poetisches Gedicht „Cherrytime“wie auch das dynamische „I got rhythm“am Klavier. Die so oft beschworene Freiheit musste hart erkämpft werden und bleibt für viele auch heute noch Illusion.
Als profunder Kenner amerikanischer Literatur erwies sich Wolfram Frommlet, wenn er dem Begriff Freiheit nachging. Angefangen bei den Hoffnungen, die die Freiheitsstatue symbolisiert, denen die jüdischamerikanische Dichterin Emma Lazarus 1883 in ihrem Sonett „The New Colossus“Ausdruck gab: „Schickt mir eure Mittellosen, die Heimatlosen..., die trotzdem nach Freiheit dürsten, den Abschaum schickt vom übervollen Strand.“Bedrückend aktuell seien diese Worte, die am Sockel der Freiheitsstatue stehen.
Dem Ruf nach Freiheit ging Frommlet in vielen Variationen nach, ausdrucksvoll, ja suggestiv, rezitiert in authentischem Amerikanisch, dem er jeweils nahtlos eine bis auf wenige Ausnahmen eigene wortgewaltige Übersetzung folgen ließ, sodass der Wortlaut wie der Inhalt ihre Wirkung entfalten konnten.
Breiten Raum gab er Walt Whitman und damit dem Beginn der modernen amerikanischen Literatur. Whitmans leidenschaftlichem Aufruf, sich zu befreien – „widersetzt euch viel, gehorcht wenig“– seiner euphorischen Vision von Gleichheit und Demokratie setzte Jürgen Jakob am Klavier Frederic Rzewskis „Winnsboro Cotton Mill Blues“entgegen, der das „gotta work like hell“geradezu alptraumhaft erleben lässt. In Langston Hughes „I too sing America“meldete sich der so lange versklavte „dunklere Bruder“und kündigte seinen Aufstieg an: „Tomorrow I’ll be at your table“– Morgen werde ich an eurem Tisch sitzen – Ich bin auch Amerikaner.
Bittere Satire ist bedrückend aktuell
Bedrückend aktuell war Mark Twains bittere Satire von 1905 auf Patriotismus und religiösen Fundamentalismus, die den Menschen als das „niederste Tier“zeichnet, das ganz im Gegensatz zu höheren Tieren instinktlos seine Artgenossen mordet. Hier ist nicht der Platz, die ganze Linie nachzuzeichnen, die über Martin Luther Kings berühmte Rede und die Bürgerrechtsbewegung allmählich die Palette aufhellte.
Im Einklang mit der Literatur standen die ausgewählten Musikbeispiele wie der erwähnte Cotton Mill Blues oder Samuel Barbers Klaviersonate, die Jürgen Jakob mit schmerzlicher Dynamik bis zur Aggressivität interpretierte. Zwischenapplaus erhielt die brillante Darbietung von Gershwins „Rhapsody in Blue“. Ausschnitte aus Bernsteins „West Side Story“träumten zuletzt den Traum eines Amerika der Hoffnung.