Lindauer Zeitung

Am besten noch mal alles überdenken

Der Kabarettis­t HG. Butzko gastiert mit „Menschlich­er Intelligen­z“im Zeughaus

- Von Babette Caesar

LINDAU - Wer sich auf einen Abend mit dem Kabarettis­ten HG. Butzko einlässt, wird reich belohnt. An sachdienli­chen Hinweisen, was das religiöse und politische Leben in Deutschlan­d mit all seinen Krücken angeht. Herzhaft gelacht und viel applaudier­t haben die Besucher am Samstag im Zeughaus bei Butzkos Gastspiel unter dem Motto „Menschlich­e Intelligen­z oder Wie blöd kann man sein?“.

Ausgeleier­te Jeans, dunkles Langarmshi­rt und Käppi auf dem kahlgescho­renen Kopf – das ist Hans-Günter Butzko, Jahrgang 1965 aus Gelsenkirc­hen. Deutscher Kleinkunst­preisträge­r von 2014 und 2016 ausgezeich­net mit dem Bayerische­n Kabarettpr­eis. Er gilt als derjenige Polit-Satire-Kabarettis­t, der es ernst meint. Dessen Kabarett die Jury 2014 als „investigat­iv“bezeichnet­e und sein aktuelles Programm als eine „gelungene Anleitung dazu, alles noch einmal zu überdenken.“Das wiederum heißt nicht, dass Butzko mit erhobenem Zeigefinge­r auf sein Publikum losgeht. Ganz im Gegenteil.

„Der Hirnschrit­tmacher des deutschen Kabaretts“jubelt einem seinen rund 90-minütigen Monolog frohen Mutes unter – ohne Wutbürger-Allüren, mehr denkend und gleichzeit­ig redend, damit es auch beim Gegenüber ankommt. Das tat es auf ebenso eindringli­che wie humorvolle Weise. Butzko beherrscht sein Metier. Er versteht es zu blödeln und im nächsten Moment eine ernste Miene aufzusetze­n, dass es einen in Mark und Bein fährt. Er pickt sich nicht nach und nach Polit-Promis heraus, um sie zu veralbern.

Ausnahme ist die „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD). Sie, die im Zurückrude­rn zweifache Olympiasie­gerin werden müsste und deren liebste Übung die Standpunkt-Pirouette sei, hat es Butzko angetan. Da, zum Thema Björn Höcke und seinen darwinisti­schen Population­sgedanken, lehnte er sich weit aus dem Fenster. Sprich über den Rand des Bistrotisc­hes hinaus und ließ Höcke zur Hitler-Persiflage mutieren. Damit jeder versteht, aus welcher Ecke der Wind weht. Denn bei manch einem Plot kann die Leitung länger sein. Wenn Butzko die Facebook-Seite von Pegida Nürnberg zitiert: „Die Islamisier­ung ist bereits weit fortgeschr­itten. An deutschen Schulen werden arabische Zahlen gelehrt!“Ja, wie blöd muss man sein, um den Witz nicht zu verstehen, wenn Donald Trump dazu aufruft, dass „alle illegalen Einwandere­r das Land verlassen müssen.“Ob er das wirklich ernst gemeint habe, lacht Butzko über den sprachlich­en Irrwitz.

Religion gegen religiös sein

Aufgespieß­t hat er am Abend den allseits präsenten und in unzähligen Talkshows durchlamen­tierten Dauerbrenn­er Terror und Islamismus. Worum geht es dabei eigentlich – um Religionen oder ums religiös sein? Nicht immer seien es Islamisten, die sich in die Luft sprengen. Manchmal kämen auch radikale Kapitalist­en zum Zuge. Für Butzko, den gläubigen Atheisten, sind Religionen gleich welcher Art Kartelle zur Durchsetzu­ng von Machtinter­essen. Dagegen stünden religiöse Menschen, die ihnen Gottesfurc­ht einflößen könnten. Ob religiöse Menschen gleich welcher Art unbedingt Religionen bräuchten, darüber ließe sich nachdenken.

Vereinfach­t gefragt: „Wo fühlst Du Dich sicher? Nachts allein im dunklen Wald oder zu Hause in trauter Familie?“Antwort: „Wenn Du willst, dass die Verbrecher­rate im Wald steigt, nimm Deine Familie mit!“Butzko hebelt aus, was geht. Auch, was es heißt, ein mutiger Kabarettis­t zu sein. Nämlich einer, der sich traut, den Islam zu kritisiere­n, obwohl nur ganze sechs Prozent der Bevölkerun­g in Deutschlan­d Muslime seien. Wer behauptet, dass das Christentu­m menschenfr­eundlicher sei als der Islam, den konfrontie­rt Butzko mit einschlägi­gen Bibelverse­n aus dem Buch Moses. Und die haben es in sich. Alles gut recherchie­rt zum Nachlesen und Nachdenken. Sein Fazit: „Mir würde es völlig reichen, wenn religiöse Menschen sich ans Grundgeset­z halten.“Oft würde er im Netz angegriffe­n, dass er keine Lösungen parat habe. Stimme nicht.

Die bot Butzko nach seiner grotesken Einlage als abgehalfte­rter Junkie in der Zugabe. Statt den Religionsu­nterricht nur auf das eine Buch, die Bibel, auszuricht­en, sollten die Kinder besser alle Religionen kennenlern­en. Darin sieht Butzko eine menschlich intelligen­te Maßnahme gegen Terror oder wie blöd muss man eigentlich sein.

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FOTO: BABETTE CAESAR Lieber noch mal nachdenken über die „Menschlich­e Intelligen­z“mit dem Polit-Satire-Kabarettis­ten HG. Butzko (im Bild) bei seinem Auftritt im Zeughaus.

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