Noch zwei Tote in Portugal
Wissenschaftler und Umweltschützer werfen Politikern Mitschuld an der Katastrophe vor
PEDRÓGÃO GRANDE - Bei den verheerenden Waldbränden in Portugal ist die Zahl der Todesopfer auf 64 und die der Verletzten auf 157 gestiegen. Elf Verletzte sollen in Lebensgefahr sein, darunter ein Kind. Berichte der Zeitung „Público“, dass ein Löschflugzeug am Abend abgestürzt sei, haben sich zunächst nicht bestätigt.
Die Tragödie bringt zunehmend Portugals sozialistische Regierung unter Druck. Wissenschaftler und Umweltorganisationen werfen den Politikern eine Mitschuld vor. Mangelnde Brandvorsorge, Einsparungen bei den Landschafts- und Waldbehörden, bei Feuerwehr und Löschflugzeugen sowie eine verfehlte Forstpolitik hätten zum Drama beigetragen. Die angesehene liberale Wochenzeitung „Expresso“forderte den Rücktritt der für den Katastrophenschutz zuständigen Innenministerin Constança Urbano de Sousa.
Der Forstwissenschaftler Paulo Fernandes sprach von einem „absoluten Versagen“bei der Brandvorbeugung und Risikominderung. Dass Regierungschef António Costa und Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa erklärt hätten, bei der Brandbekämpfung habe „alles gut funktioniert“, sei nicht akzeptabel.
Quercus, die größte Umweltschutzorganisation des Landes, beklagt eine Kette von „Irrtümern und Fehlentscheidungen“in der Forstpolitik der vergangenen Jahre. Etwa das „Eukalyptusgesetz“, mit dem die Anpflanzung von schnell wachsenden, aber leicht brennbaren Eukalyptusbäumen gefördert wurde – ein Tribut an die Holz- und Papierindustrie. Heute sei der aus Australien importierte Eukalyptus der am weitesten verbreitete Baum im Land. Die heimische und feuerresistentere Korkeiche, welche früher die Landschaft prägte, werde zunehmend verdrängt.
Auch beim verhängnisvollen Großbrand in der Umgebung des Ortes Pedrógão Grande brannten vor allem Eukalyptusbäume. Sie wirken in vielfacher Hinsicht als Brandbeschleuniger: Sie trocknen die Böden aus, ihre lose und vom Wind weitergetragene Rinde wirkt wie ein Anzünder. Die Harze und ätherischen Öle in Holz und Blättern lassen den Baum wie Fackeln brennen.
Die Umweltschützer erinnern daran, dass „die Waldbrände das größte Umweltproblem in unserem Land darstellen“. Laut EU-Statistik brennt es nirgendwo in Südeuropa öfter als in portugiesischen Wäldern: In den vergangenen zehn Jahren wurden rund 40 Prozent aller Waldbrände im Süden in Portugal registriert.
Nach und nach wurden Einzelheiten zu den Tragödien bekannt, die sich während des Infernos abspielten. Die Eltern des vierjährigen Rodrigo hielten sich in den Flitterwochen auf, ihren Sohn hatten sie bei der Tante und dem Onkel in der betroffenen Region untergebracht, wie die Zeitung „Correio da Manha“berichtete. Rodrigo und sein Onkel wurden tot neben dem Auto aufgefunden, in dem sie fliehen wollten.
Virgilio und Isabel Godinho und ihre 18-jährige Tochter blieben verschont, weil sie in einem anderen Dorf auf einer Hochzeit waren. Aber ihr Haus in Vilas de Pedro und der Olivenhain wurden von den Flammen vernichtet. Eine vierköpfige Familie überlebte, weil sie sich in einen Wassertank rettete. Elf Nachbarn, die sich zur Flucht entschlossen hatten, wurden tot aufgefunden.