Damit es in Lindau weniger Staus gibt
Stadtrat verabschiedet Verkehrskonzept Klimo und Parkraumkonzept
LINDAU - Der Stadtrat hat Leitlinien für die Verkehrsentwicklung bis 2030 beschlossen. Mehr als 200 Seiten enthalten gründliche Analysen sowie viele Vorschläge für Maßnahmen, die Staus vermeiden und Lindau vom Verkehr entlasten sollen. Außerdem hat der Stadtrat das Parkkonzept beschlossen.
Während die Räte das Verkehrskonzept Klimo, das mit vollem Namen Klimafreundliches Lindauer Mobilitätskonzept heißt, noch einstimmig beschlossen haben, stimmten Bunte und ÖDP gegen das zugehörige Parkraumkonzept, das ihnen zu wenig umweltfreundlich ist. Denn Ziel des Verkehrskonzepts Klimo ist auch der Klimaschutz, so sollen die Autos von Lindauern und Gästen nach Umsetzung des Klimo etwa sechs Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen, als wenn es kein Verkehrskonzept gäbe, das Menschen bewegen soll, auf das Auto zu verzichten und stattdessen zu Fuß zu gehen, Rad, Bus oder Bahn zu fahren. Dieser Wert hätte um 2,5 Prozentpunkte höher gelegen, wenn die Stadträte nicht bereits vorab das Parkraumkonzept aufgeweicht hätten.
Das Klimo greift viele Ideen und Vorschläge auf, die Lindauer bei den verschiedenen Runden der Vorbereitung gemacht haben. Neben dem Konzept verschiedener Parkplätze, das vor allem Suchverkehr vermeiden soll, gehört dazu auch die Umgestaltung von Staupunkten wie Berliner Platz, Aeschacher Markt und Köchlinkreuzung oder die Einführung von Tempo-30-Strecken. Neue Radwege, bessere Radwege, mehr Fahrradständer und viele andere Maßnahmen sollen die Lage für Radfahrer verbessern, ähnliches gilt für Fußgänger und den Stadtbus.
Oberbürgermeister Gerhard Ecker lobte das Konzept, weil es alle denkbaren Maßnahmen enthalte und nach Wichtigkeit sortiere. Ob die Stadt in den kommenden 15 Jahren alles umsetzen könne, werde natürlich vor allem von den Finanzen abhängen. „Aber das ist eine gute Diskussionsgrundlage.“Katrin Dorfmüller (SPD) ging weiter: „Es ist ein sehr stimmiges Konzept. Ich freue mich auf die Umsetzung.“Doch da bremste Roland Freiberg (BU): „Wir sehen es als Handlungsempfehlung, nicht als Handlungsanweisung.“Dem hielt Matthias Kaiser (BL) entgegen, dass Lindau noch weiter gehen müsse als im Klimo vorgesehen: „Wir sehen das als Einstieg.“Denn der Beitrag zum Klimaschutz, sprich die Kohlendioxid-Einsparung sei „nicht so toll“. Dennoch habe Lindau dafür bei der Verleihung des European Energy Awards Vorschusslorbeeren erhalten.
Die unterschiedlichen Ansprüche zeigten sich gleich darauf bei der Diskussion des Parkraumkonzepts. Die Bunten lehnen das ab, weil sie auf und vor der Insel weniger Parkplätze wollen. Alexander Kiss sprach von höchstens 300 in einer Tiefgarage am Karl-Bever-Platz, die anderen Autos sollen auf Auffangparkplätzen am Stadtrand parken. Das gelte nicht nur für Tagestouristen, wie von den Gutachtern für möglich gehalten, sondern auch für Beschäftigte der Insel sowie für Kunden und andere, die auf die Insel wollen. Weil Menschen offenbar nicht freiwillig zum Klimaschutz beitragen, sollte Lindau sie durch hohe Parkgebühren und wenig Parkplätze dazu zwingen. „Wir dürfen Autofahrern keinen Anreiz bieten“, warnte Kiss.
Die Verbindlichkeit des Klimo ist schon beim Start umstritten.
Am Reutiner Bahnhof soll es ein großes Parkdeck geben
Das sieht die Mehrheit anders. Ein Großteil der Räte befürwortet das Konzept, das einen vollständigen Ersatz für den wegfallenden Seeparkplatz vorsieht. Ein Teil der Stellplätze soll in Quartiersgaragen entstehen. Dass das erfolgversprechend ist, berichtete GWG-Chef Alexander Mayer der LZ auf Nachfrage am Rande der Sitzung. Denn bereits nach dem ersten Bericht in der Lindauer Zeitung haben sich bei ihm Interessenten gemeldet, die 25 Stellplätze für 40 000 Euro kaufen würden. Vor diesem Hintergrund halten die Gutachter 700 Stellplätze für Öffenlichkeit und Hotelgäste am Beverplatz für ausreichend. Wie berichtet, sieht das vor allem die Bürger Union anders. OB Ecker deutete sarkastisch an, dass dies Thema für einen weiteren Bürgerentscheid sein könnte.
Auf Antrag von Uwe Birk (SPD) hat der Stadtrat in das Konzept noch die ausdrückliche Formulierung aufgenommen, dass es am neuen Reutiner Bahnhof eine große Parkanlage geben soll. Dort sollen Kurzzeitparker ebenso Platz finden wie Fahrgäste, die länger mit dem Zug verreisen. Und möglichst soll dort ein Parkhaus so groß sein, dass dort Gäste ihr Auto abstellen, die mit dem Zug auf die Insel fahren. Dann müsste Lindau keinen Shuttelverkehr einrichten. Unabhängig davon, arbeitet die Verwaltung aber weiter vor allem an der Idee eines Schiffshuttle. Wegen der Genehmigungen wird das aber noch dauern.
Die Planung für das Umfeld des Reutiner Bahnhofs kann allerdings erst in zwei Jahren beginnen. So sehen es die vertraglichen Absprachen zwischen Stadt und Bahn AG im Rahmen des Zwei-Bahnhofs-Konzeptes vor. Dann soll es dort ähnliche Planungen, Wettbewerbe und Bürgerbeteiligungen geben wie zuletzt für die Hintere Insel.
Für die SPD forderte Katrin Dorfmüller den Erhalt billiger Parkplätze auf oder vor der Insel. Das sei aber im bisherigen Konzept nicht vorgesehen. Sie hatte vor allem Anwohner im Blick, die für das zweite Auto im Haushalt keine Anwohnerparkberechtigung erhalten. Aber auch die Beschäftigten der Firmen auf der Insel müssten ihr Auto abstellen, ohne dafür hundert Euro oder mehr im Monat zahlen zu müssen. Dem hielt Lindaus Pressesprecher Jürgen Widmer entgegen, dass Pendler auch in Friedrichshafen, Ravensburg oder Memmingen knapp hundert Euro für das Parken zahlen müssen. Billiger werde es nur, wenn sie Fußwege von knapp einer Viertelstunde in Kauf nehmen. Das könnte sich Dorfmüller vorstellen: Sie schlug für diesen Zweck ein für die Stadt billiges Parkdeck irgendwo nahe der Bahn in Reutin vor. Das könnte auch eine spätere Nutzung für ein mögliches Interimsparkhaus auf dem Beverplatz für die Gartenschau sein. OB Ecker hält auch die Blauwiese für einen guten Standort.
Dauerparken auf der Insel wird deutlich teurer werden