Eine Woche mit Nobelpreisträgern
Die LZ begleitet den Doktoranden Florian Meier aus München bei seinem Besuch in Lindau
LINDAU - Einmal seinen Idolen ganz nah sein: Dieser Traum geht für den Nachwuchswissenschaftler Florian Meier eine Woche lang in Erfüllung. Denn er ist einer von 420 Nachwuchswissenschaftlern, die an der 67. Nobelpreisträgertagung in Lindau teilnehmen dürfen.
„Hinter jedem Nobelpreis steht eine persönliche Geschichte“, sagt Meier. Diese Geschichten könne er auf der Tagung in Lindau kennenlernen. Zu sehen, dass Nobelpreisträger auch nur Menschen sind, denen viel daran liegt, sich mit jungen Wissenschaftlern auszutauschen, sei für ihn ein einzigartiges Erlebnis. Aber auch die Möglichkeit, andere Nachwuchswissenschaftler aus der ganzen Welt kennenzulernen, mache für den 28Jährigen die Nobelpreisträgertagung aus. „Ich war selber immer sehr international unterwegs und freue mich deshalb, mit so vielen Leuten diese Woche in Kontakt zu treten“, sagt er.
Internationaler Austausch ist für Meier ein wichtiges Thema. Während seines Studiums der Chemie an der Universität des Saarlandes war er sechs Monate in den USA und drei Monate in Kanada tätig. Über diese Forschungsaufenthalte ist er auch an seine jetzige Doktorandenstelle am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München gekommen. Er erforscht dort Methoden zur Identifizierung und Quantifizierung von Proteinen.
Deshalb sei er schon gespannt, den Nobelpreisträger Aaron Ciechanover kennenzulernen, der einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, wie Proteine in Zellen abgebaut werden. Ein Idol, auf das er sich ganz besonders freue, habe er aber nicht. Grundsätzlich wolle er auf der Tagung so viele Persönlichkeiten wie möglich kennenlernen. Einige der Nobelpreisträger, die an der Tagung teilnehmen, hätten auch schon am Max-Planck-Institut gearbeitet oder würden dort wie der Nobelpreisträger Robert Huber immer noch arbeiten. „Der sitzt bei uns manchmal in der Bibliothek“, sagt Meier.
Dass die Verantwortlichen des Max-Planck-Instituts ihn für die Nobelpreisträgertagung vorgeschlagen haben, ist für den Nachwuchswissenschaftler eine große Ehre. „Das ist die erste Hürde auf dem Weg zur Tagung“, sagt er. Danach habe er ein mehrstufiges Auswahlverfahren durchlaufen müssen. Drei Monate habe er dann auf eine positive oder negative Antwort gewartet. „Meine war in dem Fall positiv“, freut sich Meier. Deshalb ist er seit Samstagabend nun in Lindau. Er wohnt nicht, wie viele andere, bei einer Gastfamilie, sondern in einem Hotel. „Ich wollte den Platz den ausländischen Studenten lassen“, sagt er. Bevor es am Sonntagnachmittag zur Eröffnung der Tagung ins Lindauer Stadttheater ging, hat er mit dem Fahrrad die Insel erkundet.
Besonders berührt habe ihn auf der Eröffnungsfeier die Grundsatzrede über den Klimawandel von Steven Chu, die William E. Moerner in Chus Vertretung vortrug. „Die Rede warb sehr dafür, dass die Wissenschaft in den Austausch mit der Bevölkerung tritt“, sagt er. Der Klimawandel ist sowohl auf der Tagung, als auch für Meier persönlich ein zentrales Thema. Er sei eine Begebenheit, die die Menschheit wahrnehmen müsse und nicht mehr leugnen könne. Deshalb sei es jetzt an der Wissenschaft sowie an der Bevölkerung, daran zu arbeiten, die Auswirkungen des Klimawandels besonders gering zu halten. Es sei wichtig, gerade in diesem postfaktischen Zeitalter die Menschen für wissenschaftliche Arbeit und deren Methodik zu begeistern. „Wir als Wissenschaftler stellen nicht einfach Behauptungen in den Raum, sondern versuchen, alles zu beweisen“, sagt er. „Und jeder Beweis gilt nur so lange, bis jemand anderes beweist, dass es falsch war.“