Junger Wolf hat Überlingen verlassen
Neue Sichtung in Stockach: Rüde ist auf Partnersuche – Straßenverkehr birgt große Gefahren für das Tier
DEGGENHAUSERTAL - Der junge Wolf, der in der vergangenen Woche in Überlingen gesichtet wurde, ist mittlerweile wohl in der Region Stockach unterwegs. Das teilt das Umweltministerium mit. Rolf Servos, Vorsitzender des BUND Deggenhausertal hat eine Theorie zur Wanderschaft des Tiers: „Er sucht vermutlich eine Partnerin, um mit ihr ein Rudel zu gründen.“
50 bis 80 Kilometer pro Nacht kann ein Wolf laufen. Servos geht davon aus, dass der junge Rüde von der Schweiz rüber nach Baden-Württemberg gekommen ist. „Vermutlich ist er um den Bodensee herum gelaufen“, sagt er. Doch auch schwimmen sei grundsätzlich kein Problem für das Tier. „Sie schwimmen ebenso gut wie Hunde und können ohne Schwierigkeiten mehrere Kilometer schwimmen“, sagt Servos. Doch wahrscheinlich habe der Wolf das Wasser gemieden, weil dort zu viele Schiffe herum fahren und auch immer wieder Menschen anzutreffen sind.
Scheue Tiere
Denen begegnet der Wolf eher ungern. „Sie sind sehr scheu“, sagt Servos. Deshalb bräuchte auch keiner Angst davor zu haben, dem Wolf zu begegnen. „Er wird den Menschen wahrscheinlich früher sehen, als der Mensch ihn, und dann direkt kehrt machen“, sagt er. Wenn dieser Fall nicht eintritt, rät Servos ruhig stehen zu bleiben, und zu beobachten, was das Tier macht. Falls der Wolf nicht den Eindruck macht, als wolle er davonlaufen, solle man das Tier laut ansprechen und die Hand heben. „Der Mensch gehört nicht ins Beuteschema“, sagt Servos. Zudem sei es so wahrscheinlich wie ein Sechser im Lotto, einen Wolf anzutreffen.
Wölfe ernähren sich vorrangig von Rehen und jungen Wildschweinen. Auch Schafe, die weiden, sind nicht uninteressant für das Tier. „Der Wolf unterscheidet bei seiner Beute nicht zwischen Nutz- und Wildtier“, sagt Servos. Schäfer sollten sich also früh genug mit hohen Elektrozäunen und Herdenschutzhunden gegen Wölfe wappnen. Auf die Tiere zu schießen ist verboten, sie stehen unter Artenschutz. Noch ist der junge Wolf der erste, der in der Region seit Mitte des 19. Jahrhundert gesichtet wurde, doch es könnten schon bald weitere den Weg an den Bodensee finden, sagt Servos.
Die Tiere sind sehr anpassungsfähig. Eine besondere Umwelt brauchen sie nicht. Es reicht ihnen, wenn sie Gestrüpp haben, in dem sie sich nachts verstecken können. Auch wenn es in Menschennähe auch Möglichkeiten gäbe, einen Unterschlupf zu finden, würde der Wolf kein Dorf zum Übernachten wählen. „Der läuft höchstens einmal durch“, sagt Servos. Das sei kein Grund zur Beunruhigung.
Noch wenige Tiere in der BRD
In Deutschland leben zwischen 300 und 400 Wölfe, in rund 25 bis 30 Rudeln. Besonders verbreitet sind sie im Norden, in der Lüneburger Heide oder in Brandenburg. Möglich, dass der junge Wolf einen so weiten Weg auf sich nehmen muss, um eine Partnerin zu finden. Die Strecke wäre nicht zu lang für das Tier, aber gefährlich. „Der Straßenverkehr ist die größte Gefahr für den Rüden“, sagt Servos. Die ersten beiden Wölfe, die vor zwei Jahren in Baden-Württemberg gesehen wurden, sind überfahren worden.