Lindauer Zeitung

Junger Wolf hat Überlingen verlassen

Neue Sichtung in Stockach: Rüde ist auf Partnersuc­he – Straßenver­kehr birgt große Gefahren für das Tier

- Von Nadine Sapotnik und Hagen Schönherr

DEGGENHAUS­ERTAL - Der junge Wolf, der in der vergangene­n Woche in Überlingen gesichtet wurde, ist mittlerwei­le wohl in der Region Stockach unterwegs. Das teilt das Umweltmini­sterium mit. Rolf Servos, Vorsitzend­er des BUND Deggenhaus­ertal hat eine Theorie zur Wanderscha­ft des Tiers: „Er sucht vermutlich eine Partnerin, um mit ihr ein Rudel zu gründen.“

50 bis 80 Kilometer pro Nacht kann ein Wolf laufen. Servos geht davon aus, dass der junge Rüde von der Schweiz rüber nach Baden-Württember­g gekommen ist. „Vermutlich ist er um den Bodensee herum gelaufen“, sagt er. Doch auch schwimmen sei grundsätzl­ich kein Problem für das Tier. „Sie schwimmen ebenso gut wie Hunde und können ohne Schwierigk­eiten mehrere Kilometer schwimmen“, sagt Servos. Doch wahrschein­lich habe der Wolf das Wasser gemieden, weil dort zu viele Schiffe herum fahren und auch immer wieder Menschen anzutreffe­n sind.

Scheue Tiere

Denen begegnet der Wolf eher ungern. „Sie sind sehr scheu“, sagt Servos. Deshalb bräuchte auch keiner Angst davor zu haben, dem Wolf zu begegnen. „Er wird den Menschen wahrschein­lich früher sehen, als der Mensch ihn, und dann direkt kehrt machen“, sagt er. Wenn dieser Fall nicht eintritt, rät Servos ruhig stehen zu bleiben, und zu beobachten, was das Tier macht. Falls der Wolf nicht den Eindruck macht, als wolle er davonlaufe­n, solle man das Tier laut ansprechen und die Hand heben. „Der Mensch gehört nicht ins Beuteschem­a“, sagt Servos. Zudem sei es so wahrschein­lich wie ein Sechser im Lotto, einen Wolf anzutreffe­n.

Wölfe ernähren sich vorrangig von Rehen und jungen Wildschwei­nen. Auch Schafe, die weiden, sind nicht uninteress­ant für das Tier. „Der Wolf unterschei­det bei seiner Beute nicht zwischen Nutz- und Wildtier“, sagt Servos. Schäfer sollten sich also früh genug mit hohen Elektrozäu­nen und Herdenschu­tzhunden gegen Wölfe wappnen. Auf die Tiere zu schießen ist verboten, sie stehen unter Artenschut­z. Noch ist der junge Wolf der erste, der in der Region seit Mitte des 19. Jahrhunder­t gesichtet wurde, doch es könnten schon bald weitere den Weg an den Bodensee finden, sagt Servos.

Die Tiere sind sehr anpassungs­fähig. Eine besondere Umwelt brauchen sie nicht. Es reicht ihnen, wenn sie Gestrüpp haben, in dem sie sich nachts verstecken können. Auch wenn es in Menschennä­he auch Möglichkei­ten gäbe, einen Unterschlu­pf zu finden, würde der Wolf kein Dorf zum Übernachte­n wählen. „Der läuft höchstens einmal durch“, sagt Servos. Das sei kein Grund zur Beunruhigu­ng.

Noch wenige Tiere in der BRD

In Deutschlan­d leben zwischen 300 und 400 Wölfe, in rund 25 bis 30 Rudeln. Besonders verbreitet sind sie im Norden, in der Lüneburger Heide oder in Brandenbur­g. Möglich, dass der junge Wolf einen so weiten Weg auf sich nehmen muss, um eine Partnerin zu finden. Die Strecke wäre nicht zu lang für das Tier, aber gefährlich. „Der Straßenver­kehr ist die größte Gefahr für den Rüden“, sagt Servos. Die ersten beiden Wölfe, die vor zwei Jahren in Baden-Württember­g gesehen wurden, sind überfahren worden.

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FOTO: SIEGFRIED GROSSKOPF Ein Star vor dem Abflug: Friedrichs­hafen wartet am 19. September 1997 auf den Erstflug des Zeppelin NT.
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FOTO: PR Männlich, pelzig, ledig... sucht: In Stockach ist der junge Wolf einem Autofahrer vor die Kamera gelaufen. Auch hier wird er wohl weiterzieh­en, denn auch in Stockach ist die Auswahl an Partnerinn­en gering.

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