Ein Fluss balsamischer Klänge
Das Kirchenkonzert der Internationalen Wolfegger Konzerte verschmilzt zu einer großen Einheit
WOLFEGG - Dass Manfred Honecks Herz für die geistliche Musik und den tiefen Glauben schlägt, ist bekannt und haben die Besucher der Wolfegger Konzerte in den letzten Jahren immer wieder erfahren. Dass er dramaturgisch durchdachte Programme entwickelt, hat die Verbindung von Wort und Musik rund um Mozarts Requiem gezeigt, die er vor mehr als 20 Jahren ebenfalls in Wolfegg erstmals vorgestellt hat: Regelmäßig begeistert er damit in seiner Heimat Vorarlberg und in aller Welt. Nun konnte man im abschließenden Kirchenkonzert in St. Katharina ein besonders berührendes Programm mit dem ebenso schlichten wie eindringlichen Requiem von Gabriel Fauré erleben, eingeleitet von Chorund Orchestermusik und Orchesterliedern.
Dazu hatte Manfred Honeck wunderbare Partner und Solisten an der Hand. Wie schon am Abend zuvor im Rittersaal konnte man den dunklen, homogenen Klang der Bamberger Symphoniker genießen: In Samuel Barbers berühmtem Adagio for strings op. 11 und in Faurés fließendem „Cantique“kam die Streicherkultur in einem großen atmenden Aufschwung und stetem Auf- und Abschwellen zum Tragen. In den Liedern von Franz Schubert und Richard Strauss fügten sich die Bläser in einen warmen Gesamtklang ein, obwohl die Platzverhältnisse und akustischen Besonderheiten im Altarraum bekanntermaßen kompliziert sind. In Gabriel Faurés Requiem schließlich formte Honeck einen Klang mit sparsam gesetzten Steigerungen, in den der Chor und die Solisten eingebettet waren.
Zum wiederholten Mal bereits war der Philharmonische Chor München in der Einstudierung von Andreas Herrmann zu Gast im Kirchenkonzert: Im a cappella gesungenen Eröffnungsstück „Totus tuus“des polnischen Komponisten Henryk Gorecki bestachen die lupenreine Intonation, die Wärme des Chorklangs und die große Bandbreite in der Dynamik vom großen Aufschrei zum verlöschenden Pianissimo. Honeck verlangt viel von einem Chor, gerade im leisen Bereich. Die Münchner vermögen es ihm auf beglückende Weise zu geben, hier wie auch in dem oft auf dem gregorianischen Choral aufbauenden Requiem von Fauré. Dieses Requiem gehört ja zu den stilleren, tröstlicheren Werken dieser Gattung, spart die musikdramatische Gestaltung von den Schrecken des Jüngsten Gerichts im „Dies irae“aus, die Mozart, Berlioz oder Verdi so kraftvoll vertont haben. Hoffnung, Trost, Gebet und Licht stehen im Zentrum und kamen in dieser innig erfüllten Aufführung zum Ausdruck.
Gesangssolisten begeistern
Getragen wurden diese rund 80 Minuten natürlich auch von den beiden Gesangssolisten: Die Sopranistin Sunhae Im, die oft von Honeck eingeladen wird, war für die erkrankte Anna Lucia Richter eingesprungen und gestaltete Strauss’ „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“in feiner Zartheit, umspielt von der silbrigen Solovioline des Konzertmeisters. Das kurze Solo „Pie Jesu“ im Requiem sang sie mit schlank geführter Stimme, zurückgenommen und verinnerlicht. Der junge Südtiroler Bariton Andrè Schuen, der bereits im vergangenen Jahr mit einem Liederabend in der Alten Pfarr begeistert hatte, schwang sich in Schuberts „Litanei auf das Fest Allerseelen“auf das ruhige Fließen des Orchesters ein, und steigerte sich in „Ruhe, meine Seele“von Strauss in einer großen Linie zu gewaltigem Ausdruck. Die beiden knappen Soli im Requiem nahm er ebenso schlicht wie subtil in der Dramatik. Seine Stimme ist Balsam für die Seele, wie das gesamte, in einem großen Atem fließende Konzert. Nach dem Läuten der Kirchenglocken dankte das Publikum allen Beteiligten und dem künstlerischen Leiter Manfred Honeck mit starkem Beifall.