Gemeinderat hebt eigenen Beschluss mit acht zu eins Stimmen auf
Achbergs Bürgermeister Johannes Aschauer sieht jetzt den Weg frei für offene Diskussion zur Zukunft des Pflegeheims
ACHBERG - Mit acht zu eins Stimmen hat der Achberger Gemeinderat sich dem Widerspruch von Bürgermeister Johannes Aschauer gegen einen Ratsbeschluss vom Juni angeschlossen und diesen damit aufgehoben. Damals hatte das Gremium beschlossen, mittels eines politischen Dialogs für den Erhalt des Pflegeheims in Achberg in der jetzigen Form einzutreten. Erfolgsaussichten sahen die Ratsmitglieder dafür nun nicht mehr. Der Bürgermeister sieht den Weg frei für eine ergebnis-offene Diskussion zur Zukunft des Heims.
Manfred Vogler, Stellvertreter des Bürgermeisters, war es, der am Ende einer zweieinhalbstündigen Sitzung die Stimmungslage des Gemeinderates zusammenfasste: Mit dem Beschluss, für den Erhalt des Pflegeheimes in seiner jetzigen Form zu kämpfen, habe keiner der Räte gegen ein Gesetz verstoßen wollen, wie dies der Bürgermeister in seinem Widerspruch gegen den Beschluss formuliert hatte. Mehr noch: „Der Vorwurf, die Verpflichtsformel als Gemeinderat nicht verstanden zu haben, hat mich geärgert“, sagte Vogler. Allerdings habe der Informationsabend mit den beiden Landtagsabgeordneten Raimund Haser und Petra Krebs (die LZ berichtete) gezeigt, dass die Hoffnung auf eine Befreiung von den Vorgaben der Landesheimbau-Verordnung illusorisch sei. Die von Kämmerin Tanja Ruh zuvor aufgezeigten Auswirkungen auf die Finanzen der Gemeinde hätten zudem deutlich gemacht, dass ein Umbau des bestehenden Heims in eine Einrichtung, die der Verordnung entspreche, nicht in Betracht komme. Vor dem Hintergrund, dass es in der Gemeinde ein zweites, vollstationäres Pflegeheim und damit ein Angebot für Achberger Senioren gibt, wollte Vogler den Beschluss vom Juni nicht aufrechterhalten.
Artur Lanz machte deutlich, dass ihm der Vorwurf des Bürgermeisters, dass die Ratsmitglieder ihre Eidesformel nicht kennen, „gestunken“habe. Auch Norbert Meßmer konnte nicht erkennen, dass der Gemeinderat bei seinem Beschluss rechtswidrig gehandelt habe. Aber er habe erkennen müssen, dass der Fortbestand des Heims nicht zu finanzieren sei. In seiner jetzigen Form habe das Heim keine Zukunft: „Man lässt uns nicht weitermachen.“Gerold Nuber war beim Beschluss im Juni nicht anwesend, sah aber etwas Gutes darin: Erst dieser Beschluss habe den Informationsabend mit den Landtagsabgeordneten auf den Weg gebracht. „Jetzt kennen wir den Stand der Dinge“, stellte Nuber fest.
Bürgermeister Aschauer rückte von seiner Begründung des Widerspruchs ab: „Aktuell liegt kein Rechtsbruch vor“, sagte er nach Rücksprache mit der Rechtsaufsicht. Dieser wäre erst eingetreten, wenn tatsächlich gegen die Landesheimbau-Verordnung gehandelt worden und das Heim beispielsweise über den Zeitpunkt der Übergangsfrist im Herbst 2019 hinaus betrieben worden wäre. Doch hatte Aschauer seinen Widerspruch auch damit begründet, dass der Beschluss des Gemeinderates nachteilig für die Gemeinde sei. Hier verwies er nochmals auf die hohen Folgekosten bei Umsetzung des Beschlusses.
Am Ende schloss sich einzig Klaus Wirthwein nicht dem Widerspruch des Bürgermeisters gegen den Beschluss an. Er verwies darauf, dass auch der Bürgermeister den Beschluss mitgetragen habe: „Dann hat auch der Bürgermeister seine Eidesformel nicht verstanden.“Dem widersprach Aschauer umgehend. Er habe die Hand bei dem Beschluss nicht gehoben. Auch Wirthwein stellte fest: „Wir wollten nicht ungehorsam sein.“An der Landesheimbau-Verordnung sei zwar nicht zu rütteln, sie eröffne der Heimaufsicht aber einen Ermessungsspielraum. Deren Leiter sei aber nicht bereit, ihn zu nutzen, beklagte Wirthwein. Für ihn zähle der Bürgerwille. Dieser zeige sich in den 424 Unterschriften, die für den Erhalt des Pflegeheimes in seiner jetzigen Form gesammelt wurden.
Bürgermeister Aschauer hatte zu Beginn der Sitzung angekündigt, dass er einem möglichen Beschluss des Gemeinderates gegen seinen Widerspruch erneut widersprochen und in der Folge die Rechtsaufsicht angerufen hätte. Dazu kommt es nach dem klaren Votum nun nicht. Er habe mit seinem Widerspruch vor allem erreichen wollen, dass der Gemeinderat nicht an eine Sechs-Monats-Frist gebunden ist. Diese gilt normalerweise für einmal getroffene Entscheidungen des Gremiums. In sechs Monaten aber sei das Pflegeheim nach jetzigem Stand geschlossen und die Bewohner auf andere Heime verteilt. So bestehe die Chance, bis zum Ende des Pachtvertrages mit dem jetzigen Betreiber über eine neue Form, beispielsweise eine ambulant betreute Senioren-Wohngemeinschaft, zu beschließen. Voraussichtlich Ende August soll das Thema nun wieder auf der Tagesordnung des Gemeinderates stehen.