Kreisverwaltung stärkt Nachhaltigkeit
Öffentliche Hand achtet auf faire Entlohnung und Einhaltung von Sozialstandards
KREIS LINDAU - Wer die Welt verändern will, muss vor seiner Haustür anfangen. Eine Binsenweisheit. Sie gilt auch für die Bemühungen in Sachen „Fairer Handel“. Die Landkreisverwaltung hat sich jetzt das Thema „faire Beschaffung“auf die Fahnen geschrieben.
„Öffentliche Gelder sollten so ausgegeben werden, dass die Lebensgrundlage nachfolgender Generationen gesichert ist“, beschrieb Michael Remiorz im Umweltausschuss den Ansatz. Er koordiniert die kommunale Entwicklungspolitik im Landratsamt.
Die öffentliche Hand ist einer der größten Auftraggeber in Deutschland. Über 480 Milliarden Euro gibt sie im Jahr für Güter, Dienstleistungen und Bauaufträge aus. Bislang geht nur ein kleiner Teil davon an Hersteller, die die Kriterien nachhaltigen Wirtschaftens garantieren. Dazu gehören eine faire Entlohnung genauso wie entsprechende Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Sozialstandards. Eine besondere Verantwortung kommt den Kommunen zu. Denn auf sie entfallen 60 Prozent der Ausgaben der öffentlichen Hand.
Der Landkreis hat sich des Themas angenommen. Die öffentliche Verwaltung habe eine Vorbildfunktion, sagte Remiorz. Ziel sei es, einen Prozess anzuschieben, damit sich Unternehmen darauf einstellen könnten. Sein erster Auftrag: die Mitarbeiter dafür sensibilisieren, beim Einkauf auf das Thema Fairer Handel zu achten. Klassische Beispiele sind Kaffee und Schokolade. „Es gibt aber sehr viel mehr Möglichkeiten“, sagte Remiorz. Beispielhaft nannte er Steine für den Straßenbau, die heute meist aus Asien kommen, genauso aber aus Europa geliefert werden könnten, oder Textilien. Dort könnten Gemeinden auf Siegel achten, die Kinderarbeit ausschließen und den Herstellern bestätigen, faire Löhne zu bezahlen. Remiorz erhofft sich einen "sportlichen Ehrgeiz" bei Mitarbeitern in der Verwaltung, um in möglichst vielen Bereichen eine „faire Beschaffung“zu erreichen.
Auf den ersten Blick sind nachhaltig erzeugte Produkte oft teurer. Das ändert sich laut Remiorz oft bei genauerer Betrachtung. Studien würden belegen, „das umweltfreundliche Produktgruppen hinsichtlich des gesamten Lebenszyklusprozesses günstiger sind“, sagte er. Denn soziale und ökologische Produkte seien oft qualitativ hochwertiger, langlebiger und wiesen einen geringeren Energieverbrauch auf. Zudem sollte sich die öffentliche Hand ihres Vorbildcharakters bewusst sein. Remiorz: „Es gibt eine gesellschaftliche Verantwortung zur Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft.“
Ein Problem könnte das Vergaberecht sein. Das verlangt von öffentlichen Auftraggebern, ab einer bestimmten Summe auszuschreiben, mitunter auch europaweit. Der Auftrag hat dann in der Regeln an den günstigsten Bieter zu gehen. Allerdings können schon heute in vielen Ausschreibungen Anforderungen an Produktionsbedingungen gefordert werden, schilderte Hauptamtsleiter Daniel Fabian. "Wir begeben uns auf den Weg", sagte er für die Kreisverwaltung.
Lob und Zweifel
Der Umweltausschuss befürwortete deren Anstrengungen ausdrücklich. Kreisrat Georg Lindl regte zudem an, das Thema den Bürgermeistern, beziehungsweise Gemeinden im Landkreis nahezubringen. Freilich zweifelt auch der eine oder andere Kreisrat daran, dass die Anstrengungen große Auswirkungen haben werden. „Mir fehlt massiv der Glaube an einen Erfolg“, sagte Markus Holderried. So würden nicht einmal die „Möglichkeiten, die wir heute haben genutzt.“Bei Ausschreibungen gehe es in aller Regel „schlicht über den Preis“.