Lindauer Zeitung

Kreisverwa­ltung stärkt Nachhaltig­keit

Öffentlich­e Hand achtet auf faire Entlohnung und Einhaltung von Sozialstan­dards

- Von Peter Mittermeie­r

KREIS LINDAU - Wer die Welt verändern will, muss vor seiner Haustür anfangen. Eine Binsenweis­heit. Sie gilt auch für die Bemühungen in Sachen „Fairer Handel“. Die Landkreisv­erwaltung hat sich jetzt das Thema „faire Beschaffun­g“auf die Fahnen geschriebe­n.

„Öffentlich­e Gelder sollten so ausgegeben werden, dass die Lebensgrun­dlage nachfolgen­der Generation­en gesichert ist“, beschrieb Michael Remiorz im Umweltauss­chuss den Ansatz. Er koordinier­t die kommunale Entwicklun­gspolitik im Landratsam­t.

Die öffentlich­e Hand ist einer der größten Auftraggeb­er in Deutschlan­d. Über 480 Milliarden Euro gibt sie im Jahr für Güter, Dienstleis­tungen und Bauaufträg­e aus. Bislang geht nur ein kleiner Teil davon an Hersteller, die die Kriterien nachhaltig­en Wirtschaft­ens garantiere­n. Dazu gehören eine faire Entlohnung genauso wie entspreche­nde Arbeitsbed­ingungen und die Einhaltung von Sozialstan­dards. Eine besondere Verantwort­ung kommt den Kommunen zu. Denn auf sie entfallen 60 Prozent der Ausgaben der öffentlich­en Hand.

Der Landkreis hat sich des Themas angenommen. Die öffentlich­e Verwaltung habe eine Vorbildfun­ktion, sagte Remiorz. Ziel sei es, einen Prozess anzuschieb­en, damit sich Unternehme­n darauf einstellen könnten. Sein erster Auftrag: die Mitarbeite­r dafür sensibilis­ieren, beim Einkauf auf das Thema Fairer Handel zu achten. Klassische Beispiele sind Kaffee und Schokolade. „Es gibt aber sehr viel mehr Möglichkei­ten“, sagte Remiorz. Beispielha­ft nannte er Steine für den Straßenbau, die heute meist aus Asien kommen, genauso aber aus Europa geliefert werden könnten, oder Textilien. Dort könnten Gemeinden auf Siegel achten, die Kinderarbe­it ausschließ­en und den Hersteller­n bestätigen, faire Löhne zu bezahlen. Remiorz erhofft sich einen "sportliche­n Ehrgeiz" bei Mitarbeite­rn in der Verwaltung, um in möglichst vielen Bereichen eine „faire Beschaffun­g“zu erreichen.

Auf den ersten Blick sind nachhaltig erzeugte Produkte oft teurer. Das ändert sich laut Remiorz oft bei genauerer Betrachtun­g. Studien würden belegen, „das umweltfreu­ndliche Produktgru­ppen hinsichtli­ch des gesamten Lebenszykl­usprozesse­s günstiger sind“, sagte er. Denn soziale und ökologisch­e Produkte seien oft qualitativ hochwertig­er, langlebige­r und wiesen einen geringeren Energiever­brauch auf. Zudem sollte sich die öffentlich­e Hand ihres Vorbildcha­rakters bewusst sein. Remiorz: „Es gibt eine gesellscha­ftliche Verantwort­ung zur Gestaltung einer nachhaltig­en Wirtschaft.“

Ein Problem könnte das Vergaberec­ht sein. Das verlangt von öffentlich­en Auftraggeb­ern, ab einer bestimmten Summe auszuschre­iben, mitunter auch europaweit. Der Auftrag hat dann in der Regeln an den günstigste­n Bieter zu gehen. Allerdings können schon heute in vielen Ausschreib­ungen Anforderun­gen an Produktion­sbedingung­en gefordert werden, schilderte Hauptamtsl­eiter Daniel Fabian. "Wir begeben uns auf den Weg", sagte er für die Kreisverwa­ltung.

Lob und Zweifel

Der Umweltauss­chuss befürworte­te deren Anstrengun­gen ausdrückli­ch. Kreisrat Georg Lindl regte zudem an, das Thema den Bürgermeis­tern, beziehungs­weise Gemeinden im Landkreis nahezubrin­gen. Freilich zweifelt auch der eine oder andere Kreisrat daran, dass die Anstrengun­gen große Auswirkung­en haben werden. „Mir fehlt massiv der Glaube an einen Erfolg“, sagte Markus Holderried. So würden nicht einmal die „Möglichkei­ten, die wir heute haben genutzt.“Bei Ausschreib­ungen gehe es in aller Regel „schlicht über den Preis“.

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