Lindauer Zeitung

„Wir machen ein kleines Fest ohne Abstriche“

Drei Tage lang feiert die Musikkapel­le Stiefenhof­en am Skilift – Sie hat bewusst etwas zurückgesc­hraubt

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STIEFENHOF­EN - Ein Weltrekord­versuch mit 944 Traktoren, jordanisch­e Dudelsacks­pieler beim Gemeinscha­ftschor, 84 Gruppen beim großen Umzug durch die Gemeinde: Vor fast zehn Jahren hat die Musikkapel­le Stiefenhof­en gezeigt, was es heißt, ein großes Bezirksmus­ikfest zu feiern. Dieses Wochenende sind sie wieder Ausrichter und setzen einen anderen Akzent: Es soll ein Fest für die Region werden, sagt Vorsitzend­er Markus Rasch im Interview mit Bettina Buhl und erklärt, warum die Musiker zusammenrü­cken müssen.

Herr Rasch, nur drei Tage Programm, ein relativ kleines Zelt, keine großen Partybands: Setzen Sie bewusst auf ein kleines Fest?

Ja. Das war von Anfang an unser Ziel: Ein Fest aus der Region für die Region. Das fängt schon bei den Lieferante­n an und geht bis zur Musik. Wir haben zum Beispiel bewusst die umliegende­n Kapellen und Musikgrupp­en gefragt, ob sie spielen.

Sie sind ja quasi als Lückenbüße­r eingesprun­gen, weil es sonst heuer kein Bezirksmus­ikfest gegeben hätte. Haben Sie deswegen Abstriche gemacht?

Nein, wir haben keine Abstriche gemacht. Ursprüngli­ch war ja geplant, dass wir 2018 ein Fest machen, genau in der Größenordn­ung. Dann haben wir zugesagt, das Bezirksmus­ikfest auszuricht­en. Am Anfang hatten wir kleine Bedenken, ob wir auch alle Musikanten im Zelt unterbring­en. Aber wir haben die Kapellen angeschrie­ben und gesagt, dass sie ein wenig zusammenrü­cken werden. Das Verständni­s war bei allen groß. Wir rechnen mit etwa 1600 Musikern – und für die haben wir Platz.

Voriges Jahr schraubten auch die Hergenswei­lerer bewusst zurück. Ist das ein neuer Trend?

Ich würde nicht sagen, dass es ein Trend ist, aber ein neues Bewusstsei­n. Es ist keine Pflicht mehr, dass man ein Megafest nach dem anderen macht. Vielmehr soll jeder ein Fest nach seiner Couleur, nach seinem Geschmack machen. Es ist gut, dass der Bezirk das auch so aufgenomme­n hat. Und wir bieten ja trotzdem alles, was zu einem Bezirksmus­ikfest gehört, inklusive einer Plattform für die Jugend.

08/15 ist das Fest trotzdem nicht. Schon bei der Werbung waren Sie kreativ. Vor allem die Holzmusika­nten sind ganz schön rumgekomme­n und haben an zehn Orten in der Region auf das Fest aufmerksam gemacht. Wie war die Resonanz?

Sehr gut. Manch ein Anwohner meinte: Ach schade, holt ihr „unsere“Musikanten schon wieder ab. Eigentlich war das Ganze ja eine Aktion bei Facebook bei der wir insgesamt zehn Kisten Bier und zehnmal freien Eintritt und eine Maß Bier verlost haben. Toll war aber auch, dass uns viele Leute so darauf angesproch­en haben.

Ihre Musikkapel­le lässt es am Samstag, 15. Juli, ja ordentlich krachen – im wörtlichen Sinn. Es gibt ein Böllerschü­tzentreffe­n. Das ist bei einem Musikfest nicht alltäglich...

In der Gemeinde gibt es drei Schützenve­reine, der Schützenve­rein Genhofen hat eine eigene Böllerschü­tzengruppe. Davon sind auch einige bei uns in der Musik. So sind wir ziemlich schnell auf die Idee mit dem Böllerschü­tzentreffe­n gekommen: Wir haben nach etwas gesucht, das auch Ältere anspricht. Jetzt hoffen wir nur, dass das Wetter trocken ist – sonst dürfen die Schützen nicht schießen.

Sind die Alphornblä­ser dann der ruhige Gegenpol?

Genau. Sie sind der Ausgleich.

Es gibt aber auch Punkte, auf die Sie gezwungene­rmaßen verzichten, wie den Marschwett­bewerb. War das Interesse der anderen Kapellen nicht so groß?

Es hatte sich nur eine Kapelle gemeldet. Es ist zwar schade, dass der Punkt ausfällt, aber man kann auch niemanden etwas aufdrängen oder -zwingen.

Am Samstag steigt zusätzlich in Lindenberg das Stadtfest. Gibt es da keine Überschnei­dungen? Oder haben Sie gesagt: Jedes Wochenende gibt es was, da kann man nicht auf alles schauen?

Der Termin stand eigentlich schnell fest. Das zweite Wochenende im Juli ist schon seit Jahren das klassische Bezirksmus­ikfest-Wochenende. Zum Lindenberg­er Stadtfest geht auch ein anderes Klientel. Ich denke nicht, dass wir uns da in die Quere kommen. Da nimmt niemand dem anderen etwas weg.

Wie waren die Reaktionen als klar war, dass es ein kleineres Fest gibt?

Sehr positiv. Die Freude und der Rückhalt von Musikern und der Bevölkerun­g sind zu 100 Prozent da. 2008 gehörten auch wir zu denjenigen, die beim Bezirksmus­ikfest auf „schneller, höher, weiter“setzten. Dieses Mal leben wir vor, dass es auch anders geht.

Auch ein kleines Fest bedeutet viel Arbeit. Wie lange sind Sie schon am Organisier­en und wie viele Helfer sind im Einsatz?

Seit März letzten Jahres sind wir am Organisier­en, seit klar war, dass wir das Fest ausrichten. Die Zeit ist zwar relativ kurz, aber es hat auch seine Vorteile: Man hat nicht ganz so viele Sitzungen und Entscheidu­ngen fallen schneller. Wir haben etwa 120 Helfer. Das reicht auch. Wichtig ist, dass sie eingearbei­tet sind und wissen, was sie tun müssen.

War es schwer, sie zu motivieren?

Nein, vor allem nicht bei einem Fest in dieser Größenordn­ung. Viele haben wir gar nicht fragen müssen, sie haben sich schon im Vorfeld bei uns gemeldet. Das ist das Schöne: Wir sind ein funktionie­rendes Dorf. Man steht zusammen und hilft sich gegenseiti­g.

Können die Musiker ihr Fest überhaupt genießen oder sind alle eingespann­t?

Natürlich sind sie eingespann­t, aber sie können das Fest trotzdem genießen. Es gibt ja immer wieder Momente zum Durchschna­ufen. Und außerdem geht es bei einem Musikfest auch um die Musik – und die hört man auch beim Arbeiten.

Vor zehn Jahren haben Sie schon einmal ein Musikfest organisier­t. Bauen Sie auf den Erfahrunge­n auf?

Es ist inzwischen das dritte Fest mit Zelt, das ich mit organisier­e. Da hat man schon bestimmte Erfahrungs­werte. Aber jede Situation, jedes Zelt ist auch immer anders.

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Schwer zu sagen. Schön ist immer der Gesamtchor. Als Vorstand ist es auch immer die größte Freude, wenn ein Fest harmonisch und unfallfrei verläuft. Aber eigentlich ist ein Musikfest immer fröhlich und erfüllt mit Musik, das genießt man in jeder Stunde.

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Anpacken fürs Musikfest der Stiefenhof­ener: Die Helfer haben das Zelt am Skilift in Hopfen aufgebaut.
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FOTOS: BETTINA BUHL
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FOTO: MUSIKKAPEL­LE Markus Rasch

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