Aru klaut Froome 20 Sekunden – und Gelb
Auch Tagessieger Bardet untermauert auf erster Pyrenäen-Etappe Tour-Ambitionen
PEYRAGUDES (SID/dpa) - Als Christopher Froome das Gelbe Trikot und den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren hatte, rollte der Titelverteidiger mit gesenktem Kopf über die Ziellinie. Die schwerste Niederlage seit Jahren hatte den dreimaligen Gesamtsieger der Tour de France mehr als nur das „Maillot jaune“gekostet. Die zwölfte Etappe zur PyrenäenBergankunft in Peyragudes bestätigte, was sich im bisherigen Tour-Verlauf bereits angedeutet hatte: Die erdrückende Dominanz der vergangenen Jahre ist dahin, Froome ist angreifbar – und das Rennen um den Gesamtsieg mindestens ein Dreikampf.
Die 104. Frankreich-Rundfahrt verspricht dadurch die spannendste seit Jahren zu werden. „Für mich war einfach nicht mehr möglich. Ich habe das Maximum herausgeholt“, sagte Froome, der im knallharten Finale Etappenrang sieben belegte. Gelb, das der Italiener Fabio Aru übernahm, hatte er da bereits mit dem weiß-blauen Jersey seiner SkyMannschaft getauscht. Froome wirkte mitgenommen, die Niederlage trug er dennoch mit Fassung. Er gratulierte Tagessieger Romain Bardet (AG2R), der die französischen Hoffnungen auf den ersten Tour-Sieg seit Bernard Hinault 1985 beflügelte. Und auch Aru, den Astana-Kapitän, der Froome schon am Fuße der Alpen während eines Defekts attackiert hatte, bedachte der Brite mit warmen Worten: „Ein schöner Erfolg für ihn.“
Der wankende Champion hatte einen Tiefschlag erlitten, besiegt ist er deshalb aber noch lange nicht. „Es ist noch ein weiter Weg bis Paris“, sagte Froome, der erstmals Gelb an einen direkten Konkurrenten abgeben musste. Angesichts von nur sechs Sekunden Rückstand auf Aru könnte allerdings schon am heutigen Freitag auf der zweiten PyrenäenEtappe nach Foix der Konter folgen.
Die Herausforderer genossen ungeachtet dessen den Moment. Bardet, im Gesamtklassement 25 Sekunden zurück, wurde von seinen Landsleuten geherzt. Der neue Spitzenreiter Aru strahlte, als er auf dem Podium ins neue Gewand schlüpfte. „Das Gelbe Trikot ist die schönste Sache, die einem im Leben passieren kann“, sagte er mit reichlich Pathos.
Buchmann verliert 5:44 Minuten
Aru und Bardet hatten auf der steilen Schlussrampe der 214,5 Kilometer langen Etappe den Angriff auf Christopher Froome initiiert. Während nach dem Duo auch weitere Fahrer wie der Kolumbianer Rigoberto Uran (55 Sekunden zurück) den Champion überholten, quälte sich dieser dem Ziel entgegen. Dabei hatte Froomes Team Sky alles daran gesetzt, seinen Kapitän in eine komfortable Ausgangsposition zu bringen, über Stunden ackerte auch Christian Knees aus Bonn für ihn im Wind.
Am Port de Balès, dem längsten Anstieg des Tages rund 40 Kilometer vor dem Ziel, dezimierte Sky per Tempoverschärfung das Feld auf einen kleinen Favoritenkreis. Auch das deutsche Klettertalent Emanuel Buchmann (Ravensburg/Bora-hansgrohe) verlor den Anschluss. „Für mich lief es nicht optimal“, sagte Buchmann, der mit 5:44 Minuten Rückstand auf Rang 23 landete.
Am Fuße des folgenden Col de Peyresourde (1. Kategorie) dann der erste Schreck für Froome: Er versteuerte sich vor einem Kreisverkehr und stand, wie auch Aru plötzlich, auf einer Wiese. Das Malheur hatte jedoch keine Konsequenzen, Froome und sein Rivale fanden umgehend zurück in die von Sky dominierte Spitzengruppe. Und Fabio Aru hatte einen Plan ...