Ende des China-Booms?
Die ganz großen Stars gingen nicht ins Reich der Mitte
PEKING (SID/dpa) - Cristiano Ronaldo, Diego Costa oder Wayne Rooney – große Namen schwirrten noch vor kurzem durch chinesische Medien und soziale Netzwerke. Diese Stars könnten schon bald bei chinesischen Fußballclubs anheuern, hieß es. Doch die Transfers der Topstars blieben am Ende aus. Der millionenschwere Transferboom, der Spitzenspieler reihenweise ins Reich der Mitte lockte, scheint schon wieder vorbei. Die Spieleroase, die noch im vergangenen Winter irrwitzige Ablösesummen und verrückte Gehälter versprach, scheint ausgetrocknet. Manager Alexander Rosen von der TSG Hoffenheim fühlt sich schon an den russischen Markt erinnert, „das war auch bald vorbei“. Chinas Verband CFA habe den „Wahnwitz selbst reguliert“.
In der Tat: Seit Juni ist bei SpielerImporten eine Steuer von 100 Prozent der Ablösesumme fällig, sofern der betroffene Kicker mehr als 45 Millionen Yuan kostet (5,8 Millionen Euro). Das erklärte Ziel der Regierung: „Irrationale Ausgaben“eindämmen. Die Steuer kommt der Entwicklung des Nachwuchsfußballs zugute. Diesen hatte die CFA auch im Blick, als sie die Anzahl nichtasiatischer Spieler pro Club auf vier reduzierte, von denen nur drei gleichzeitig eingesetzt werden dürfen. Für jeden von ihnen muss zudem ein chinesischer U23-Spieler mit auf dem Platz stehen. Die klare Botschaft: Schluss mit dem Millionen-Wahnsinn!
Bis zur Schließung des Transferfensters in China letzten Freitag gab die Super League in diesem Sommer gerade einmal 28,5 Millionen Euro aus – für über 110 Spieler. Dortmunds Adrian Ramos (zu Chongqing Lifan) sprengte mit zwölf Millionen Euro als einziger die Obergrenze, ab der die Steuerregel greift. Im vergangenen Winter gab die Liga noch 402,5 Millionen Euro aus, im Sommer davor 139,5. Das bedeutete Platz sechs in der Welt, direkt hinter den fünf großen europäischen Ligen.
Damals kamen Topstars wie der Brasilianer Oscar, diesmal Vertragslose, Leihspieler, Ex-Stars. Kölns Geschäftsführer Jörg Schmadtke machte für das Ende der Exzesse am Beispiel des Transfers von Anthony Modeste auch ein Wirrwarr aus Steuer-, Verbands- und Arbeitsrecht sowie FIFA-Regularien verantwortlich. Nach wochenlangem Hickhack wurde der Stürmer für sechs Millionen Euro für zwei Jahre ausgeliehen. Danach greift eine Kaufverpflichtung für 29 Millionen Euro – Modestes neuer Club Tianjin Quanjian hofft, dass die Regularien bis dahin wieder entschärft werden.
Ein anderes Problem wird bleiben. Klar seien Traumgehälter von 15, 20 Millionen Euro im Jahr verlockend, sagte Weltmeister Lukas Podolski der „Sport Bild“, „aber die Verhandlungsmethoden der acht, neun Berater, die sich da teilweise einschalten, kommen schon fast denen von Verbrechern nah“.