Schaffhausen unter Schock
Nach Kettensägen-Angriff: Polizei sucht 51-Jährigen
SCHAFFHAUSEN - Bluttat im beschaulichen Schaffhausen: Die Polizei fahndet nach einem 51-Jährigen, der in der Schweizer Kantonshauptstadt mit einer Kettensäge mehrere Menschen verletzt hat. Der Mann war am Montagmorgen in ein Versicherungsgebäude in der 35 000-Einwohner-Stadt nahe der deutschen Grenze eingedrungen. Einen terroristischen Hintergrund schließt die Polizei aus.
Ungewöhnlich ruhig ist die Innenstadt am Montagnachmittag in Schaffhausen. Das Gebäude, in dem die grausige Tat verübt wurde, ist mit Absperrband abgeschottet. Menschen stehen in Grüppchen zusammen, reden leise miteinander, telefonieren. Polizisten sichern Spuren. Um 10.39 Uhr war der Notruf bei der Schaffhauser Polizei eingegangen. In dem Bürohaus befinden sich neben einer Krankenversicherung auch Anwaltskanzleien, eine Sprachschule sowie ein Buchladen. Mit einer Kettensäge drang der Mann in das Gebäude ein, verletzte zwei Mitarbeiter und flüchtete zunächst mit einem weißen VW Caddy, der später verlassen aufgefunden wurde. Die Schweizer Polizei wird bei der Suche von deutschen Beamten unterstützt.
Stefano Matocci, italienischer Arzt, ist mit seiner Familie in die Schweiz gekommen, um Urlaub zu machen. Seine Frau und seine beiden Kinder sind dabei, als sie am Morgen eine verletzte Person aus dem Versicherungsgebäude laufen sehen. „Die Person hatte aufgerissene Kleidung und einen blutenden Schnitt an der rechten Körperseite“, sagt Matocci. Aufgewühlt ist er immer noch. Am Nachmittag kommt er zum Tatort zurück, weil er wissen will, was passiert ist.
Bei einer Pressekonferenz erklärt die Polizei, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter ersten Ermittlungen zufolge um einen 51-jährigen Schweizer handele. Er ist öffentlich zur Fahndung ausgeschrieben. Der Polizei und Staatsanwaltschaft ist der mutmaßliche Täter bereits bekannt, er hat zwei Vorstrafen wegen Verstößen gegen das Waffengesetz. „Der Täter ist gefährlich, aggressiv und psychisch auffällig“, sagt Staatsanwalt Peter Sticher. Der Leiter der Sicherheitspolizei Ravi Landolt fügt hinzu: „Wir können keine Entwarnung für die Bevölkerung geben.“Wenn man dem Flüchtigen begegne, solle man ihm ausweichen, ihn nicht in die Enge treiben. Auch eine Flucht nach Deutschland sei nicht auszuschließen. „Wir wissen derzeit nicht, wo er ist“, so Landolt.
In den Wäldern gelebt
Der mutmaßliche Täter lebe seit einiger Zeit in mehreren Wäldern in der Schweiz. Einen festen Wohnsitz habe er nicht. Der Angriff mit der Kettensäge sei wohl nicht zufällig in dem Versicherungsgebäude passiert. „Die Tat richtete sich wohl gegen die Versicherung“, so Staatsanwalt Sticher. Ob der Mann dort versichert gewesen sei oder nicht, könne man nicht sagen.
Die Beamten seien mit Hochdruck dabei, den Tathergang und den Aufenthaltsort des mutmaßlichen Täters zu ermitteln. Fünf Personen seien bei dem Angriff verletzt worden. Zwei davon schwer. Bei insgesamt zwei der Verletzen könne man sicher sagen, dass ihre Verletzungen von der Kettensäge herrührten. Bei den anderen sei auch eine Verletzung durch die Flucht vor dem Täter nicht auszuschließen. Keine der Personen befinde sich in Lebensgefahr. Die Innenstadt und die umliegenden Gebäude wurden zunächst evakuiert. Am Nachmittag wurde die Evakuierung wieder aufgehoben.
Die Schaffhauser Polizei hatte aufgrund der Lage sofort ein Großaufgebot an Einsatzkräften in Bewegung gesetzt – sowohl uniformierte als auch zivile Beamte. Auch Polizisten aus anderen Kantonen wurden hinzugezogen.
Zurück in der Innenstadt ist der Tatort immer noch großräumig abgesperrt. Die Polizei patrouilliert um den Tatort herum. Nach der Aufhebung der Evakuierung füllen sich die Straßen wieder. Eine Passantin sagt, sie habe ein mulmiges Gefühl, aber sie lasse sich davon nicht einschüchtern. Die Polizeipräsenz gebe Sicherheit. Sirenen und Hubschrauberrotoren hört man tatsächlich über der ganzen Stadt. Staatsanwalt Sticher ist sich sicher: „Wir finden ihn.“