Steaks für Feinschmecker
Das Fleisch der japanischen Wagyu-Rinder kommt in Deutschland in Mode
MITTELBACH (dpa) - Viele JapanReisende kommen auf den Geschmack. Ob wie beim Shabu Shabu in dünne Scheiben geschnitten oder als Steak: Das Fleisch der WagyuRinder gilt manchen geradezu als kulinarische Offenbarung. Feinschmecker geraten ins Schwärmen, wenn die feine Fettmarmorierung schmilzt und das zarte Fleisch auf der Zunge zergeht. Lange Zeit war es wegen eines Exportverbotes nur in Japan zu bekommen, inzwischen gibt es auch in Deutschland rund 90 Wagyu-Herden. Mit 50 Tieren gehört die von Klaus Möbius zu den größten. Der 61-jährige Sachse aus dem Ortsteil von Chemnitz leitet ehrenamtlich den Wagyu-Verband Deutschland.
Nur in der japanischen Präfektur Hyogo dürfen die Tiere „Kobe-Rinder“genannt werden. Die gleichnamige Stadt ist der Verwaltungssitz der Region. Dass die Kälber bei der Mast Bier bekommen und mit Musik unterhalten werden, sind Legenden. Heute wird allenfalls Biertreber zugefüttert. Aber das Futter aus Weizen, Hafer, Gerste und Mais ist vom Feinsten. „Stärke macht mehr Fett, Eiweiß mehr Fleisch“, sagt Möbius. Eine tägliche Massage gibt es bei ihm für die Rinder nicht. Aber der Züchter verteilt immer mal wieder ein paar Wohlfühleinheiten mit einer Massagebürste.
Bei Wagyu-Rindern geht es um die Mischung von Fett und Muskelfleisch. Wer die Feinkostabteilung eines japanischen Kaufhauses betritt und an der Fleischtheke die Preise studiert, erkennt schnell das Ranking: Je weißer das Fleisch aussieht und je mehr Fett es damit enthält, desto mehr muss der Kunde dafür zahlen. Fett ist bekanntlich der beste Geschmacksträger. „Wir sind bestrebt, Qualität zu produzieren, die den japanischen Standards nahekommt. Es gilt aber auch, die Verzehrgewohnheiten in Deutschland zu beachten“, sagt Möbius. Zu viel Fett werde hierzulande eher als Makel gesehen.
Für europäische Verhältnisse favorisiert Möbius daher WagyuFleisch mit einer mittleren Marmorierung. Der Marmorierungsgrad ist für viele Feinschmecker das wichtigste Kriterium und wird in Japan in zwölf Stufen unterteilt. Die 12 steht praktisch für Fett mit Muskelfasern. Um eine Marmorierung im mittleren Bereich zu erzielen, werden WagyuRinder auch mit anderen Rassen wie Holstein oder Angus gekreuzt. Das macht das Fleisch zudem für weniger betuchte Gourmets erschwinglich.
Bis zu 180 Euro pro Kilo
Möbius hält seine Tiere lieber reinrassig. Bei ihm liegt der Kilopreis je nach Teilstück zwischen 20 und 180 Euro. Im Jahr verkauft er etwa eine Tonne Fleisch. Es stammt von dreijährigen Ochsen. Bei normalen Rindern dauert die Mast nur die Hälfte der Zeit. Drei Viertel der Menge verkauft Möbius an Restaurants, den Rest im eigenen Hofladen. Bevor das Fleisch zubereitet wird, kommt es noch für etwa vier Wochen in einen speziellen Kühlschrank, um zu reifen.
Der Verbandschef sieht beim Konsum noch viel Luft nach oben – vor allem bei der jüngeren Generation: „Früher haben die Menschen qualitativ weniger gutes Rindfleisch in Suppen und Eintöpfen verarbeitet. Die heutige Generation isst lieber weniger Fleisch, dafür aber hochwertiges“, sagt Möbius.
Die Brüder Tobias und Robert Becker aus Friedrichswerth in Thüringen haben erst 2014 mit der Zucht begonnen. „Damals wurden wir ausgelacht“, erinnert sich Zuchtleiter Robert Becker. Doch inzwischen sei das ein Selbstläufer. „Das Potenzial ist riesengroß. In zehn Jahren ist Wagyu in der Rinderproduktion nicht mehr wegzudenken.“Viele würden heute lieber einmal pro Woche Fleisch essen, dann aber richtig gutes.
Peter Probst hat eine gemischte Herde am Ortsrand der Gemeinde Soyen im bayerischen Inntal stehen. Ein Dutzend Wagyu-Rinder, der Rest sind Angus. Beim Blick in die Zukunft ist er nicht ganz so euphorisch wie Becker. Wie die Lage in zehn Jahren aussehe, lasse sich heute kaum voraussagen, meint Probst: „Die Edelteile des Wagyu wird man immer verkaufen können, aber was ist mit dem Rest?“