Bei allem Stress bleibt der Libero immer cool
Für den 20-jährigen Julian Zenger aus Muthmannshofen beginnt ab Montag eine neue Zeit
LEUTKIRCH - Julian Zenger, Libero des Volleyball-Bundesligisten United Volleys Rhein-Main, ist ein positiv denkender Mensch. Nach dem Gewinn der Silbermedaille bei der Europameisterschaft in Polen gab es viele Glückwünsche. Der 20-Jährige weiß den Erfolg einzuordnen. „Für mich beginnt ab Montag eine neue, reizvolle Aufgabe“, sagt er. darauf will er sich konzentrieren. Die Silbermedaille ist bereits Geschichte.
Der Libero beim Volleyball ist kleiner als der Rest der Mannschaft, trägt auch zur Unterscheidung ein anderes Trikot und darf nicht angreifen. Seine Aufgabe ist die Organisation der Abwehr, mit dem Ziel, viele Bälle im Spiel zu halten.
Meistens kommt er rein, wenn der Gegner Aufschlag hat, dafür muss ein Mittelblocker weichen. Wer einen guten Libero im Team hat, der hat gegenüber dem Gegner einen großen Vorteil. „Julian ist ein großes Talent und ich bin sicher, dass er einmal ein ganz Großer auf dieser Position wird“, sagt VfB-Cheftrainer Vital Heynen.
Gute Entscheidung
Der 47-Jährige Belgier unterstützte die Entscheidung des 20-Jährigen bei den United Volleys einen Dreijahresvertrag zu unterschreiben. „Dort ist er gesetzt, spielt immer und entwickelt sich weiter“, so Heynen. So dachte auch Julian Zenger, als er den Vertrag unterschrieb. Ein paar Tage darf der Vizeeuropameister seine Seele noch baumeln lassen. Am Sonntag fährt er nach Frankfurt und ab Montag trainiert er mit seinen neuen Mitspielern. Zwei kennt er ganz gut: Tobias Krick und Moritz Karlitzek. Beide waren in Polen auch dabei.
Geboren ist Julian Zenger am 26. August 1997 in Wangen im Allgäu. Seine Familie wohnt in Muthmannshofen. Der Ort gehört zum Markt Altusried, liegt zwischen Leutkirch und Kempten. Dort erholt sich Julian Zenger von den Strapazen als Profi. Vater Thomas und Mutter Maria sind für ihn der Ort der Ruhe, der Entspannung. Hier tankt er Kraft für seine weiteren Aufgaben. So oft es geht, besucht er seine Eltern. „Als er noch in Friedrichshafen spielte, war der Weg für uns nicht so weit, nun müssen wir schon etwas länger im Auto sitzen, um Julian beim Spielen zuzuschauen“, sagt Vater Thomas Zenger.
Obwohl Vater und Mutter stolz sind auf ihren Sohn, dass er einen Profivertrag unterschrieben hat, denken sie schon weiter. „Wenn er uns besucht, dann reden wir zwar über Volleyball, aber auch über das zweite Standbein.“Gemeint ist ein Beruf nach der Profikarriere. Julian Zenger hat in Friedrichshafen sein Wirtschaftsabitur gemacht und studiert in Anspach „International Business“. Vor jedem Semester muss er die Fernkurse angeben, die er besucht. Wann er die Prüfungen ablegt, das kann er selbst bestimmen.
Verdienst ist nicht üppig
Als Libero verdient er in Deutschland nicht so viel. Die Gagen im Ausland sind zwar üppiger, aber machen aus einem Volleyballer noch keinen Millionär. Im Gegensatz zu einem Diagonalangreifer verdient der Libero richtig wenig, obwohl er für die Mannschaft genauso wichtig ist. Ein Diagonalangreifer hat ein Mehrfaches. Das meiste Geld auf dieser Position bekommt der russische Nationalspieler Maxim Mikhailov. In Kazan hat er etwa eine Million Euro im Jahr. Das ist aber eine Ausnahme.
Das Geld ist zwar wichtig, aber nicht das Einzige, was Julian Zenger als Libero antreibt. Die Aufgabe ist sehr reizvoll. „Ich finde die Organisation der Abwehr spannend und wenn ich Bälle vorhersehen kann, dann bin ich glücklich“, sagt Zenger. Eine Situation besser einzuschätzen, das Spiel des Gegners verstehen, das ist die hohe Kunst des Liberos. „Ich bin noch nicht so weit, will mich immer verbessern und arbeite hart für den Erfolg“, betont er.
Und wenn er sich weiter reinhängt, seinen Beruf ernst nimmt, auf dem Boden bleibt, dann hat er eine große Zukunft vor sich. „Der Julian hat unglaublich gute Nerven, das fasziniert mich so an ihm. Bei allem Stress bleibt er immer cool“, sagt Vital Heynen.
Und das sagt einer, der es wissen muss.