„Pflege ist das Zukunftsthema schlechthin“
Zahlreiche Besucher interessieren sich für die Pflegesituation.
WASSERBURG-HEGE – Ist Deutschland ein Pflegefall? „Noch nicht“, hat Christian Alex, Landesvorsitzender des Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreises der CSU gesagt, als er auf Einladung des Kreisverbands CSU Senioren Union ins Seniorenheim Hege gekommen war, um über den Zusammenhang zwischen demographischem Wandel und der derzeitigen Situation in der Pflege zu sprechen. Wenngleich Deutschlands Gesundheits- und Pflegepolitik noch nicht zum Pflegefall geworden sein mag, machte Alex deutlich, dass Pflege und Gesundheit sehr wohl eine Herausforderung für die Zukunft sein werden.
„Deutschland ist noch kein Pflegefall. Der demographische Wandel macht das auch nicht automatisch. Aber die Chancen, zum Pflegefall zu werden, steigen. Und das ist eine Herausforderung“, antwortete Alex auf die einführenden Worte von Margret Neudert und Rainer Krauß. Während die Kreisvorsitzende der CSU Senioren Union die Problematik von Pflegekräftemangel, Personalschlüssel, häuslicher Pflege und Tagespflege angesprochen hatte, hatte der Zweckverbandsvorsitzende des Seniorenheims Hege den Missstand in der Kurzzeitpflege beklagt.
Gilt künftig für alle
Dass es immer mehr ältere Menschen geben werde und gleichzeitig immer weniger jüngere nachkämen, sei der Politik bereits seit Jahrzehnten bekannt. Auch, dass die Menschen immer älter werden und mit zunehmendem Alter immer pflegebedürftiger bei gleichzeitiger Veränderung der Familienstruktur. Mit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 sei ein erster Schritt in Richtung der Forderung Norbert Blüms gemacht worden, wonach niemand im Alter ein Sozialhilfefall werden dürfe. Allerdings habe man sich damals keine großartigen Gedanken über die Details gemacht. Das würden die neuen Pflegestärkungsgesetze tun. Diese nehmen nicht nur die Demenz auf, sondern haben einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff geschaffen. Künftig werde bei der Einordnung in die Pflegestufen nicht länger gefragt, was der alte Mensch nicht mehr könne, sondern vielmehr, was er alles noch allein könne. „Das bedeutet einen neuen Denkansatz und mehr Geld.“Auch werde die Pflegeversicherungspflicht künftig für alle gelten. Nach dem Solidaritätsprinzip sei zudem auch der Beitragssatz abhängig. Allerdings könne die Pflege der Zukunft nicht allein der Staat bezahlen. „Wir müssen auch bereit sein, unseren Beitrag zu leisten“, betonte Alex und wies darauf hin, dass sich die Menschen darauf einrichten müssten, einen Teil ihres angesparten Geldes auch für sich auszugeben, statt es zu vererben.
Was den Pflegekräftemangel betrifft, sah Alex eine Lösung im Umdenken. „Es geht nicht nur ums Geld, sondern um die Arbeitsplatzgestaltung und damit darum, um wieviel Menschen sich eine Person empathisch kümmern muss“, kritisierte er die aktuelle Pflegeschlüssel-Situation, wonach zu wenige Pflegekräfte sich um zu viele Menschen kümmern müssen. Als wichtigen Schritt sah Alex jene Neuerung an, wonach diejenigen, die einen Pflegeberuf ergreifen wollen, nicht mehr für ihre Ausbildung zahlen müssen. Zumindest in Bayern. Grundsätzlich sei das Problem jedoch, „dass es andere Jobs, ohne Wochenendarbeitszeiten und Nachtdienst und mit besserer Bezahlung gibt.“
Angesichts der Tatsache, dass zwei Drittel der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen von ihren Familien, und dann meistens von den Frauen, versorgt werden, sah er Handlungsbedarf. „Es ist wichtig, da was für die Rente zu tun“, sagte Alex, betonte jedoch, dass das neue Pflegestärkungsgesetz bei den „Sachleistungen“etwa, auch deshalb mehr Geld vorsehe, damit der zu Pflegende seine Pflege organisieren könne, sprich, dem Pflegenden mehr Geld bezahlen kann.
Ein Umdenken forderte Alex auch in Bezug auf das Image von Pflegeeinrichtungen. Weil Medien stets nur über Missstände in den Einrichtungen berichtet hätten, seien diese in Verruf geraten und hätten zur Haltung „bloß nicht ins Heim“geführt. „Aber pflegen daheim geht nicht auf Dauer“, gab Alex zu bedenken und appellierte: „Die Gesellschaft sollte toleranter sein.“