Großteil der Alno-Mitarbeiter freigestellt
Für eine Fortsetzung des Betriebs fehlt das Geld – Investor aus China zeigt Interesse
PFULLENDORF - Fast drei Viertel der Alno-Beschäftigten in Pfullendorf müssen heute Arbeitslosengeld beantragen. Den 400 von 570 Angestellten war bei einer Mitarbeiterversammlung am Montagvormittag mitgeteilt worden, dass sie freigestellt sind. „Weil es an Geld fehlt, können wir den Betrieb nicht mehr uneingeschränkt fortführen“, sagte Insolvenzverwalter Martin Hörmann nach der Versammlung. Gleichzeitig gehen die Gespräche über einen Verkauf des Küchenmöbelherstellers weiter. Offenbar wollen chinesische Investoren noch in dieser Woche den Produktionsstandort in Pfullendorf besichtigen.
Ob sie zu denjenigen gehören, die freigestellt werden, erfuhren die Mitarbeiter am Montag in der Kantine des Unternehmens. Dort wurden sie je nach Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens an einen von mehreren Tischen gebeten – und bekamen die Information über ihre Freistellung in den meisten Fällen gleich in die Hand gedrückt. „Es ist ein doppelt bitterer Moment: Der Investorenprozess ist weit fortgeschritten, aber das Geld hat nur bis hierhin gereicht, um das Unternehmen uneingeschränkt in seiner jetzigen Größe weiterzuführen“, sagte Hörmann. Er arbeite aber weiter daran, „ einen Investor über die Ziellinie zu bekommen und möglichst viele Arbeitsplätze am Standort in Pfullendorf zu erhalten“, erklärte Hörmann weiter.
Kündigungsfristen haben Bestand
Doch auch wenn die Nachricht für viele ein Schock war – überraschend kam sie nicht. „Viele von uns haben schon damit gerechnet“, sagt ein Mitarbeiter, der auf die Freistellung der Wellmann-Beschäftigten und in der Logistik-Sparte in der vergangenen Woche verweist. Die 400 Angestellten seien zwar freigestellt, aber nicht entlassen worden.
Das bedeutet für sie aber auch, dass sie ihre Kündigungsfristen einhalten müssen – auch wenn sie in einem anderen Unternehmen vielleicht schon einen neuen Job gefunden haben. „Aus Arbeitgebersicht kann ich das sogar verstehen“, sagt der Alno-Mitarbeiter. „Aber dennoch: Da liegt man schon am Boden und darf das Unternehmen noch nicht einmal verlassen.“
„Die Arbeitnehmer sind natürlich enttäuscht. Für sie ist das ein schwarzer Tag“, sagte Michael Föst, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Albstadt, nach der Mitarbeiterversammlung. Martin Hörmann sei diese Entscheidung sichtlich schwergefallen. Insolvenzrechtlich habe es allerdings keine andere Möglichkeit gegeben. Die verbleibende Kernmannschaft – darunter die Auszubildenden – soll sich um den Investorenprozess und um insolvenzspezifische Aufgaben kümmern.
Martin Hörmann und sein Team wollen mit dem Betriebsrat nun über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan für die freigestellten Mitarbeiter verhandeln. Das Ziel sei es, die Verhandlungen noch im Oktober abzuschließen, teilte Hörmanns Rechtsanwaltskanzlei mit. Doch für die freigestellten Mitarbeiter könnte es noch ein wenig Hoffnung geben. „Logisch gibt es nach wie vor eine Chance, denn wenn ein Investor kommt, dann braucht er ja auch Leute, die für ihn arbeiten“, sagt Hörmann.
Keine Details zu Investoren
Ungeachtet der Freistellungen gehen die Gespräche über einen Verkauf von Alno weiter. „Die vielversprechenden Investorengespräche“mit ernst zu nehmenden Interessenten seien weit fortgeschritten und befänden sich in einer entscheidenden Phase, heißt es in der Pressemitteilung. Details über mögliche Investoren oder den weiteren Zeitplan wollte Martin Hörmann am Montag nicht preisgeben.
Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“war in der Mitarbeiterversammlung allerdings die Rede von einem chinesischen Investor. Dieser wolle sich bereits in den kommenden Tagen selbst ein Bild vom Produktionsstandort machen, hieß es. „Das ist mit Sicherheit eine Chance“, sagt ein Alno-Mitarbeiter. „Wir fragen uns allerdings, wie ein Investor den Betrieb wieder ins Laufen bringen soll.“Unsicherheit herrsche auch bei der Frage, ob in Pfullendorf dann weiterhin Küchen produziert werden – oder etwas anderes. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt auch Michael Föst. „Allerdings muss sich ein Investor auch zum Standort Pfullendorf bekennen. Und dieses Bekenntnis fehlt bislang.“