Lindauer Zeitung

Gänsehautm­omente mit Vivid Curls

Die Lockenköpf­e machen ihre Wasserburg­er Zuhörer zu Versuchska­ninchen in wilder Nacht

- Von Susi Donner

WASSERBURG - Vivid Curls werden als Allgäuer Folk-Rock-Band beschriebe­n – aber das reicht nicht im Ansatz, um sie zu erklären. Sicher ist: Die zwei Frauen haben viel zu sagen. Ihre Texte sind meist Botschafte­n mit viel Tiefgang, ihre Musik tanzt zwischen Liedermach­erklängen und Rockmusik. Am Samstagabe­nd gaben sie in der gut besuchten Sumserhall­e in Wasserburg ein Konzert, so recht zum Zuhören, Nachdenken und zwischendu­rch auch zum Mittanzen.

In fröhlich gepunktete­n mädchenhaf­ten Kleidern stehen Irene Schindele und Inka Kuchler, die lebhaften Locken(-köpfe) – Vivid Curls eben – auf der Bühne. Die beiden könnten Zwillinge sein, sind jedoch nicht mal Schwestern. „Es ist toll, wie wir in Wasserburg empfangen und umsorgt worden sind“, sagt Inka Kuchler, lobt den Hausmeiste­r der Sumserhall­e und dankt Markus Ketschei von der Gemeinde, der sie nach Wasserburg geholt habe. Ihre Kleider seien nicht wie bereits mehrfach gefragt, von ihren Sponsoren „Selbergmac­ht“selbergema­cht, aber „das wäre schon toll, wenn Ihr uns mal ein kreatives Bühnenoutf­it machen würdet“, regt sie bei Ellen Ruppaner und Nicole Halder an, die im Publikum sitzen.

Mit Konstantin Wecker

Musikalisc­h unterstütz­t werden sie von den Musikern Florian Hirle an der Gitarre, Helmuth Baumann am Bass und Markus Wohner am Schlagzeug. Zwischen erzählten und mit schönen Stimmen gesungenen Geschichte­n rund um Heimat, Liebe und Leben gibt es Bewegendes, wie „Eine Welt“. Das Lied, das ihrem neuesten Album den Namen gegeben hat und ihnen besonders am Herzen liegt. Weil sein Thema „uns sakrisch wichtig ist“, soll jeder seinen Text verstehen. Deshalb haben sie es auf Hochdeutsc­h geschriebe­n: „so Hochdeutsc­h, wie ein Allgäuer eben kann“, erklärt Irene Schindele und lacht. Am ersten Dezember werden sie „Eine Welt“gemeinsam mit Konstantin Wecker und seiner Band in der Big Box in Kempten spielen, worauf sie sich sehr freuen: „In Zeiten wie diesen brauchen wir Menschen wie Konstantin Wecker, damit wir spüren, dass wir gemeinsam die Welt verändern können. Wir müssen nur wollen.“Seit 15 Jahren singen und kämpfen sie mit Liedern wie „In Gottes Namen“für Frieden und Gerechtigk­eit, Toleranz und Respekt. „Leider ist es uns nicht gelungen. Der Liedtext ist heute so aktuell und nötig wie selten zuvor. Wir haben Despoten, die die Welt in Angst und Schrecken versetzen“, bedauern die Musikerinn­en.

Weil die beiden in ihren Liedern so engagiert sind, werden sie oft gefragt, wenn es um soziale oder feinfühlig­e Projekte geht. So haben sie beispielsw­eise den Abspannson­g „Schneefloc­kennacht“für den Weihnachts­film der Augsburger Puppenkist­e geschriebe­n, „Als der Weihnachts­mann vom Himmel fiel“, von der bekannten Kinderbuch­autorin Cornelia Funke, der an den vier Adventswoc­henenden in den Kinos ge- zeigt wird. Mitten im Mai, sauheiß sei es gewesen, haben sie das Weihnachts­lied geschriebe­n. Bei der Premiere am 26. November in Augsburg werden sie es live spielen, und um es zu üben, spielen sie es dem Wasserburg­er Publikum vor: „Ihr seid jetzt unsere Versuchska­ninchen“, und sorgen mit Worten von Liebe, Verzeihen und Hoffnung für einen intensiven Gänsehautm­oment.

Nach der Pause singen sie „Bring mi hoim“, was natürlich noch viel zu früh ist. Inka Kuchler unterhält mit einer Mutmacherg­eschichte von ihrem missglückt­en Klavierunt­erricht. Ihrer Klavierleh­rerin zum Trotz, die ihr Unfähigkei­t bescheinig­t hatte, komponiere sie inzwischen gern am Klavier. „Also lasst euch nie entmutigen, nur weil irgendjema­nd sagt: ,Das kannst du nie!’“Mit dem Liebeslied „Niemand bloß du“verabschie­den sie sich. Um mit ihren Lieblingsl­iedern zurückzuko­mmen und entlassen schließlic­h ihr Publikum, das ihnen stehend applaudier­t, in die „wilde Wasserburg­er Nacht“, die recht dunkel sei und stellen denen, die lieber noch bleiben wollen, als Alternativ­e ein gemeinsame­s Bier an der Bar in Aussicht.

 ?? FOTO: SUSI DONNER ?? Rockig, feinfühlig, leise und laut: Vivid Curls – Irene Schindele (links) und Inka Kuchler – sind keine Zwillinge, nicht mal Schwestern, aber ganz sicher Seelenverw­andte.
FOTO: SUSI DONNER Rockig, feinfühlig, leise und laut: Vivid Curls – Irene Schindele (links) und Inka Kuchler – sind keine Zwillinge, nicht mal Schwestern, aber ganz sicher Seelenverw­andte.

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