Wenn der Lindauer Stadtpfarrer heiratet
Das Stück „Die Pfaffenhochzeit zu Lindau“der Theatergruppe Podium 84 entführt in die Zeit der frühen Reformation
LINDAU (lz) - „Christoph, mehr Abstand!“, „Melanie, bitte etwas lauter, danke!“, „Daria, mach dich stärker bemerkbar!“, „Chrille, genauso“,„Prima Leute, das sieht sehr gut aus!“So und ähnlich tönt es aus dem Zuschauerraum des Großen Zeughauses. Es handelt sich um die Theatergruppe Podium 84, die hier seit neun Monaten Helga Sauermanns Drama „Die Pfaffenhochzeit zu Lindau“unter der Leitung von Wolfgang B. Sutter probt. Am Samstag, 25., und Sonntag, 26. November, wird das Stück dann jeweils um 19.30 Uhr im Stadttheater gezeigt.
„Die Pfaffenhochzeit zu Lindau“ist eine Neuinszenierung der Aufführung von 1998, und zum Teil stehen dieselben Schauspielerinnen und Schauspieler, allerdings in – den Jahren geschuldeten – anderen Rollen auf der Bühne, heißt es in einem Bericht. Das Stück erzählt eine Ge- schichte aus der Zeit der frühen Reformation in den Jahren 1520 bis nach 1530, die sich in der Freien Reichsstadt Lindau so ähnlich abgespielt haben könnte. Zwar bieten die historischen Quellen außer der Tatsache, dass es eine Hochzeit zwischen dem Lindauer Stadtpfarrer Thomas Gassner (German Bader) und dem Stiftsfräulein Katharina von Ramschwag (Katrin Stoll) gegeben hat, nicht viel Material, aber die Fantasie der Autorin füllte die Leerräume historisch korrekt. Die Namen der zur Reformation übergetretenen Vikare (Denis Mercelat und Daniel Obermayer) sind zwar nicht verbürgt, deren Ämter aber wohl schon. So entsteht ein farbiges Bild dieser Zeit, als viele Menschen die Bibel neu lasen und anders verstanden, als es die etablierte katholische Kirche tat.
Darauf, dass die Geschehnisse in Lindau und anderswo auch eine politische Dimension hatten, weist der für die Rahmenhandlung mit zuständige Lindauer Archivar Dr. Thomas (Werner Geis) im Disput mit der aufmüpfigen Studentin Katrin Behr (Melanie Reissig–Heimann) hin. Deren beider Studium der historischen Quellen wird auf der Bühne lebendig. Da wütet der hochgelehrte katholische Stadtpfarrer Dr. Johannes Faber (Christoph Holzfurtner) gegen den reformatorisch gesinnten Franziskaner Michel Hugo, kämpft die Äbtissin des Damenstifts Amalie von Reischach (Helga Sauermann) um die Favoritin für ihre Nachfolge. Blutjunge Stiftsfräuleins (Friederike Möller und Julia Schnittke) zeigen, dass das Klosterleben nicht nur langweilig war. Dazwischen treten Ratsherrn der Stadt (Markus Rohn, Jürgen „Schröder“Schneider und Josef Hutter) im Streit mit Abgesandten der Katholischen Reichsstadt Überlingen (Bruno Wahmbichler und Francesco Haupt) auf, und eine Bürgerin mit ihrer Tochter (Christiane „Chrille“Geiser und Daria Sürer) bebildert das Stadtleben am Rand der konfessionellen Konflikte. Neben der Rahmenhandlung führt ein Gaukler (Ulrich Seitz) durch das Geschehen und erläutert, was zum Verständnis der Zeit wichtig ist.