Polizeirechte zur Terrorabwehr gestärkt
Ermittler dürfen mit DNA-Spuren Geschlecht, Hautfarbe und ethnische Herkunft bestimmen
MÜNCHEN - Die bayerische Polizei soll mehr Befugnisse im Kampf gegen Terrorismus und Internetkriminalität bekommen. Die Staatsregierung beschloss am Dienstag eine entsprechende Änderung des bayerischen Polizeirechts. Zugleich setzte sie Vorgaben der EU und des Bundesverfassungsgerichts für mehr Datenschutz in Landesrecht um.
Bei einem drohenden Terroranschlag soll die bayerische Polizei DNA-Spuren künftig nicht nur zur Strafverfolgung, sondern auch zur Gefahrenabwehr sichern und auswerten dürfen – „wenn die Polizei zum Beispiel die Werkstatt eines potenziellen Bombenbauers aushebt, ohne diesen aber am Tatort anzutreffen“, erklärte Innenminister Joachim Herrmann (CSU.) Künftig dürften die Ermittler mit den DNA-Spuren Geschlecht, Hautfarbe und ethnische Herkunft des unbekannten Bombenbauers ermitteln, um ihn möglichst zu stoppen, bevor er zuschlagen könne. Dies ist allerdings nur zur Gefahrenabwehr erlaubt, erläuterte Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer.
Wenn Hacker im Internet mit Viren und Trojanern Bitcoins und anderes virtuelles Geld erpressen, kann die bayerische Polizei das Geld künftig „zunächst sichern und den wahren Eigentümer ermitteln, unabhängig von einem Strafverfahren“, sagte Herrmann.
Der Einsatz von Bodycams, die derzeit getestet werden, soll immer dann erlaubt sein, wenn dies zum Schutz von potenziellen Opfern und Polizeibeamten erforderlich sei, sagte Herrmann weiter. Das helfe zum Beispiel Opfern häuslicher Gewalt, sagte der Minister. Randalierende Hooligans, die einen Polizeieinsatz verursachen, könnten künftig für die Kosten herangezogen werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll „Störer"„ stärker in Haftung nehmen. Ein nachweisbarer Verursacher eines Polizeieinsatzes soll künftig die Kosten dafür tragen müssen.
Nachjustiert wird auch der Datenschutz in Sicherheitsangelegenheiten. Eine „zentrale Datenprüfstelle“soll künftig sicherstellen, dass bei „intensiven Maßnahmen“wie Wohnraumüberwachung, OnlineDurchsuchung oder Telekommunikationsüberwachung auch wirklich nur Daten für die Ermittlungen verwendet werden, die nicht den „Kernbereich privater Lebensgestaltung“betreffen. Außerdem ist für mehr polizeiliche Eingriffe die richterliche Zustimmung erforderlich, für längerfristige Observationen und Abhören auch außerhalb der Wohnung. Die Änderungen basierten auf Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und der EU, sagte Herrmann. Sie seien „richtig, jedenfalls akzeptabel“. So zeige man, „wie moderne Polizeiarbeit funktioniert, ohne dass mehr Datenschutz zum Täterschutz wird“.
Keine konkrete Gefährdung
Auf den zahlreichen bayerischen Christkindlesmärkten sollen nach den Worten von Herrmann die Bürger in diesem Jahr hinter Betonsperren, aber entspannt ihren Glühwein genießen. Den Behörden lägen keine Erkenntnisse vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung speziell für Weihnachtsmärkte in Bayern ergäbe, sagte Herrmann. „Es gibt überhaupt keinen Grund, auf einen Christkindlmarktbesuch zu verzichten.“
Laut Herrmann ist für die Sicherheit von Christkindlesmärkten „grundsätzlich der jeweilige Veranstalter zuständig“. Nach einer Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts vom Dienstag ist der Schutz vor Terroranschlägen allerdings nicht Aufgabe des Veranstalters. Vor Gericht gezogen war der Veranstalter des Weihnachtsmarktes vor dem Charlottenburger Schloss. Maßnahmen zur Abwehr von Terrorgefahren könnten nicht dem Betreiber solcher Märkte auferlegt werden, so das Berliner Gericht. Nach dem Lkw-Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt vor einem Jahr sind Betonsperren auch in Bayern üblich.
Als Neuheit kündigte Herrmann ein Pilotprojekt der Polizei mit mobilen Fahrzeugsperren an, das in Augsburg, München und Nürnberg getestet wird. Die Sperren bestehen aus jeweils 900 Kilogramm schweren und 1,20 Meter hohen Stelen, deren Praxistauglichkeit „bei konkreten Bedrohungssituationen“getestet werden soll. Zum Schutz von Christkindlesmärkten seien diese Sperren allerdings nicht vorgesehen, betonte Herrmann.