Lindauer Zeitung

Tourismus soll Pflichtauf­gabe werden

Verband spricht von Leitökonom­ie für die Region

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KEMPTEN/ALLGÄU - Die Zahlen sind fantastisc­h: 4,4 Millionen Gästeankün­fte im Regierungs­bezirk Schwaben von Januar bis September bedeuten einen Rekord. Im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum ist das eine Zunahme um fünf Prozent. Auch die Anzahl der Übernachtu­ngen ging bei nahezu gleichblei­bender Verweildau­er auf 13,2 Millionen in die Höhe – ein Plus von 2,9 Prozent.

Klaus Holetschek, Vorsitzend­er des Tourismusv­erbandes Allgäu/ Bayerisch Schwaben sprach gestern angesichts dieser Werte während einer Pressekonf­erenz in Kempten vom Tourismus als „Leitökonom­ie“in der Region, vor allem im Allgäu.

Drei Viertel aller touristisc­hen Aktivitäte­n in Bayerisch Schwaben finden im Allgäu statt. Die Bedeutung dieses Wirtschaft­sfaktors sei deshalb gerade für die Region zwischen Boden- und Ammersee unbestritt­en, meinte Holetschek. Im gleichen Atemzug forderte er deshalb, der Tourismus müsse per Gesetz zur Pflichtauf­gabe der Kommunen werden. Bisher ist die touristisc­he Infrastruk­tur eine freiwillig­e Aufgabe für Städte und Gemeinden. Würde dieser Bereich zur Pflicht, würde das mehr staatliche Finanzmitt­el bringen als dies bisher durch Zuschüsse der Fall ist.

Welche Dimension der Tourismus inzwischen in Bayerisch Schwaben erreicht hat, untermauer­te der Verband mit einer Statistik: Die Urlauber sorgen pro Jahr für 2,3 Milliarden Euro an Einnahmen für das Gastgewerb­e. Weil die Gäste auch einkaufen, kämen 1,8 Milliarden für den Einzelhand­el hinzu. Profitiere­n würden mit über 900 Millionen Euro auch die Dienstleis­ter, wie etwa die Ausstatter von Hotels. Alles in allem gut fünf Milliarden Euro, die auf diese Weise nach Schwaben und ins Allgäu gespült werden. „Die Gastronome­n profitiere­n davon, dass die Leute ihr Geld ausgeben“, sagte dazu Ulrike Weber von der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben.

Dass dennoch nicht alles Gold ist, was glänzt – darauf wies Schwabens Gaststätte­n-Chef Johann Britsch (Neu-Ulm) hin. „Wir haben viele Gäste. Die Umsätze sind fantastisc­h, aber der Ertrag sinkt.“Das Hauptprobl­em der Wirte und Hoteliers sei der anhaltende Facharbeit­ermangel. Wobei es nicht an der Bezahlung liege. Britsch versichert­e: „Wir zahlen über Tarif.“Aber die Arbeitszei­ten abends und an den Wochenende­n seien der Haupthinde­rungsgrund, ausreichen­d Personal zu finden.

Weil Fachkräfte fehlten, ergänzte Robert Frank, IHK-Vizepräsid­ent und Chef des Parkhotels Frank in Oberstdorf, würden vereinzelt Restaurant­s mittags schließen. Ferner überlegten manche Hoteliers, den Gastronomi­ebereich nur noch für Hausgäste zu öffnen. Die Situation sei paradox: Die Nachfrage bei den Gästen, essen zu gehen, sei da. Aber eine Reihe von Wirten könne die Wünsche nicht mehr erfüllen. Das sei vor allem ein Problem auf dem Land. In Schwaben gebe es bereits 500 Orte ohne Gaststätte.

„Die Gastronome­n profitiere­n davon, dass die Leute ihr Geld ausgeben.“Ulrike Weber, Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben

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