Technik vermiest Start des Prestigeprojekts mehrfach
Fahrgastverband und Verkehrsbündnis kritisieren Informationspolitik der Bahn gegenüber ihren Kunden
RAVENSBURG - Wenn ein Zug Verspätung hat, ist das ärgerlich. Vor allem, wenn man als Reisender eine Anschlussverbindung erwischen muss. Noch ärgerlicher ist es, wenn das bei der Eröffnung eines ZehnMilliardenprojekts passiert. Seit die neue Hochgeschwindigkeitsverbindung der Deutschen Bahn zwischen Berlin und München am vergangenen Freitag eröffnet wurde, erntet das Unternehmen überwiegend Häme und Spott. Wollte man sich doch eigentlich gegen Flugzeug und Auto endlich durchsetzen.
Nachdem die Galafahrt Samstagnacht mit 200 geladenen Gästen bereits mit einer zweistündigen Verspätung gefloppt war, ging es im regulären Betrieb am Wochenende genau so weiter. Die Bahn schreibt in ihrer Stellungnahme von verschiedenen Gründen und mehreren Ausfällen. Beispielsweise einem Personenunfall bei Ingolstadt und technischen Störungen bei einzelnen Fahrzeugen. Mit den Herstellern sollen die Ursachen „schnellstmöglich“behoben werden.
Die Zentrale der Deutschen Bahn in Berlin hält sich bei Anfragen zur Pannenserie auf der neuen Strecke zurück, verweist auf eine formulierte Stellungnahme. Individuelle Fragen bleiben unkommentiert.
Die Pannen lägen vor allem an den Fahrzeugen, so Karl-Peter Naumann, Vorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn. Er selbst sei noch mit dem ersten Zug gefahren. „Der war pünktlich“, sagt er. Aber schon einer der folgenden Züge blieb liegen. „Die Technik ist so komplex, dass es im Alltag zu Störungen kommt, die nicht sofort behoben werden können.“Da müsse es Reservefahrzeuge geben. „Mit Pannen ist einfach zu rechnen“, so Naumann weiter.
Ein Personenunfall bei Ingolstadt legte zudem die Strecke NürnbergIngolstadt-München am Sonntag laut Bahn für rund acht Stunden lahm. Aber auch das Wetter hat seinen Teil dazu beigetragen, dass es auch andernorts nicht wie geplant lief. Oberleitungen froren zu und starker Schneefall machte ganze Streckenabschnitte unpassierbar, die stundenlang gesperrt werden mussten – wie die Rhein-Main-Strecke. Zu kritisieren sei die Informationspolitik der Bahn. „Gute Informationen sind essenziell. Die kommen aber zu spät oder ungenau.“Das sieht auch Dirk Flege so. Der Geschäftsführer der Allianz Pro Schiene kritisiert die „Dauerärgernisse und Klassiker“der Bahn. „Die Infos kommen nicht in Echtzeit an.“
Die Pannen seien aus seiner Sicht für ein solches Projekt äußerst ärgerlich und kein optimaler Start. „Man sollte die Bahn aber jetzt nicht mit Häme überschütten, das ruckelt sich noch zurecht.“Er sieht im Projekt eine ganz andere Chance – eine bessere Klimabilanz. Flege: „Das Projekt kann den klimaschädlichen Inlandsflügen die Passagiere abnehmen und das Fahrgastaufkommen auf der knapp vierstündigen Strecke verdoppeln. Das halte ich für absolut realistisch.“