Trockenheit zwingt Kapstadt zu Wassersteuer
Vier Millionen Einwohnern geht das Trinkwasser aus – Stadtverwaltung warnt vor „Tag null“im April
hafen ankommen, sehen im Landeanflug in den besseren Vierteln der Stadt zahlreiche Schwimmbäder in der Sonne glitzern. Normalerweise jedenfalls. Derzeit sind die Pools abgedeckt. Und ihre Besitzer müssen Wasser sparen, wo es geht.
„Wir sind mit Wasserknappheit aufgewachsen“, erzählt Roland Slater, ein Lehrer aus dem MittelklasseStadtteil Bellville. „Aber so schlimm wie jetzt war es noch nie.“Seit Neujahr hat die Stadtverwaltung die Warnstufe 6 ausgerufen, das heißt, jeder Stadtbewohner darf noch 87 Liter pro Tag verbrauchen – für Kochen, Wäsche, Körperhygiene. Sonst drohen Strafzahlungen. Wenn er duschen will, stellt sich Slater in eine Babywanne aus Plastik und gießt sich einen Fünf-Liter-Eimer Wasser über den Kopf; anschließend wird das Wasser in einen Tank mit Brauchwasser gefüllt, an den die Waschmaschine angeschlossen ist. Die Behörden rufen offiziell dazu auf, die Toilettenspülung nur noch nach großem Geschäft zu betätigen.
„Wir versuchen alles, um Tag null zu verhindern“, warnt Kapstadts Bürgermeisterin Patricia de Lille. „Doch dafür müssen wir unsere Beziehung zu Wasser grundsätzlich ändern.“Der Pegelstand in den Reservoirs der Stadt wird laufend veröffentlicht, in dieser Woche waren sie noch zu 30 Prozent gefüllt.
Infrastruktur vernachlässigt
Ab Februar soll eine Wassersteuer erhoben werden. Sie ist an den Grundstückswert gekoppelt, um arme Menschen nicht zusätzlich zu belasten. Doch viele Bürger protestieren, viele wittern Korruption und fürchten, die Wassersteuer könnte in dunklen Kanälen versickern. Offiziell ist das Geld für langfristige Maßnahmen gedacht, nötig wären neue Reservoirs oder eine Meerwasserentsalzungsanlage. Die Stadtverwaltung und die nationale Regierung, die von unterschiedlichen Parteien gestellt werden, beschuldigen sich gegenseitig, die Infrastruktur über Jahre vernachlässigt zu haben.
Auch die Landflucht trägt zur Dramatik bei. Seitdem das Ende der Apartheid allen Südafrikanern Bewegungsfreiheit gebracht hat, sind viele Menschen in der Hoffnung auf Arbeit vom Land in die Städte gezogen. „Wir leben in einer Vier-Millionen-Einwohner-Metropole mit der Infrastruktur für eineinhalb Millionen Menschen“, fasst Slater zusammen. Hinzu kommt der Klimawandel. Experten erwarten, dass es am Kap der Guten Hoffnung künftig noch heißer und trockener werden wird.
Noch haben die Bürger Hoffnung, glimpflich davonzukommen. Das könnte klappen, wenn es durch Wassersparen gelingt, den Tag null in den Juni hinein aufzuschieben. Dann beginnt hier auf der Südhalbkugel der Winter, und üblicherweise fällt Regen.
Kommt der Tag null doch noch vorher, sieht der Notfallplan der Behörden 2000Wasserstellen im Stadtgebiet vor. Dort können die Bürger dann Kanister abfüllen. Schlange stehen für Trinkwasserrationen – diese Bilder kennen Kapstädter bislang nur aus Krisenzonen weiter nördlich in Afrika.