Mit seinem Projekt eCard will Bodo bei Kunden punkten
Verkehrsverbund setzt nach Beitritt des Kreises Lindau auf viele Informationen, um die Bürger im ÖPNV mitzunehmen
LINDAU (ee) - Kompliziert, zu wenig Informationen, zu teuer – in den ersten Tagen nach dem Jahreswechsel und damit des Beitritts des Landkreises Lindau zum Verkehrsverbund Bodo haben LZ-Leser und Nutzer von Bus und Bahn einiges an Kritik und viele Fragen geäußert. Dem stellvertretenden Bodo-Geschäftsführer Bernd Hasenfratz ist bewusst: Manche Strecke ist jetzt teurer, was für Unmut sorge. Manche Kritik habe ihre Ursache aber auch schlicht in zu wenig Informationen. Antworten auf einige Kundenfragen und -kritik hat der Bodo-Vertreter jetzt im Gespräch mit LZ-Redakteurin Evi Eck-Gedler gegeben.
Herr Hasenfratz, wieso gilt die Bahncard nicht im Verkehrsverbund Bodo?
Der Bodo hat sich vor seinem Start im Jahr 2004 dagegen ausgesprochen, die Bahncard in seinem Geltungsbereich anzuerkennen, wie die meisten ländlichen Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg. Denn das hätte den Bodo deutlich teurer gemacht: Tarifverluste, die bei Verbundtarifen entstehen, müssten den Verkehrsunternehmen dauerhaft und in voller Höhe ausgeglichen werden. Würden die Bahncard-Rabatte im Bodo auch gelten, müssten die Landkreise deutlich mehr Geld für den ÖPNV aufbringen. Vor diesem Hintergrund haben wir beim Lindauer Beitritt keine Möglichkeit gesehen, das für den bayerischen Teil des Verkehrsverbunds anders zu regeln als seit 14 Jahren im Bodo-Stammgebiet üblich.
Leser bemängeln, dass sich Zugfahrten ohne Bahncard-Rabatte nicht mehr lohnen, weil sie jetzt deutlich teurer sind.
Das stimmt nicht: Mit unserer eCard, der digitalen Fahrkarte für Gelegenheitsfahrer im Bodenseeraum und Oberschwaben, erhält jeder Kunde zunächst zehn und ab der 20. Fahrt mit Bus oder Bahn sogar zwanzig Prozent Rabatt auf den Fahrscheinpreis. Im ersten Beitrittsjahr 2018 zahlen ÖPNV-Nutzer, die im Bereich der Preisstufen eins und zwei im Landkreis Lindau unterwegs sind, sogar 30 Prozent weniger für ihre Tickets. Eine Fahrkarte zwischen Lindau und Wasserburg kostet so zum Beispiel mit 1,95 Euro nur genauso viel wie früher mit der Bahncard 25.
Wie kommen Menschen, die nicht mit dem Internet vertraut sind, zu einer solchen eCard?
Die Antragsformulare gibt es auch in Papierform, beispielsweise am Lindauer Hauptbahnhof und im Büro des Lindauer Stadtbusses. Ausgefüllt kann dieser Bogen per Post an die Bodo-Geschäftsstelle geschickt oder vor Ort wieder abgegeben werden. Auch eine Abrechnung in Papierform per Postversand ist möglich, kostet dann aber einen Zusatzbetrag.
Kann der Kunde auf seine eCard selbst ein Guthaben aufladen?
Nein. Es gibt bei der eCard kein anonymes Bezahlsystem mehr. Der Kunde muss dem Bodo ein sogenanntes SEPA-Mandat erteilen und festlegen, welchen Betrag der Verkehrsverbund seinem eCard-Kundenkonto gutschreiben soll. Beim Ein- und Auschecken an den eCard-Terminals am Bahnhof oder im Bus wird mit der Strecke auch der Fahrpreis durch eine Software nachträglich berechnet. Sinkt das Guthaben des Kundenkontos unter fünf Euro, dann bucht der Bodo automatisch den vom Kunden gewählten Betrag wieder nach. Am Monatsende erstellen wir für jeden eCard-Kunden eine Abrechnung: Die zeigt auf, wieviel Geld für welche Fahrten verbraucht wurde. Da die eCard von Haus aus ein digitales System ist, haben natürlich die Kunden die meisten Vorteile, die alltäglich im Internet unterwegs sind. Doch es gibt eben auch eine Lösung für andere.
Etliche Kunden beklagen zu wenig Informationen zum Tarifsystem des Bodo. Warum hängt beispielsweise im Lindauer Hauptbahnhof bisher kein einziges Plakat zum Geltungsbereich des Verkehrsverbunds?
Diese Kritik besteht zu Recht. Der Verkehrsverbund Bodo hat bereits im September die DB um Aushangflächen gebeten, um die Fahrgäste im Vorfeld des Beitritts informieren zu können. Doch erst jetzt, am vergangenen Dienstag, hat die Bahn auf diese Anfrage reagiert. Meine Kollegen haben übrigens Mitarbeiter aller Verkehrspartner, auch Bahn und Lindauer Stadtbus, geschult. Die Vertriebsmitarbeiter und Busfahrer sind in der Lage, Fragen zu Tarifen und ähnlichem zu beantworten. Wobei man jenen Kollegen natürlich zugute halten muss, dass zwei Wochen nach dem Start noch die Routine fehlt.
Was geschieht, wenn ein Kunde mangels ausreichender Information eine falsche Fahrkarte gekauft hat?
Dann reagieren wir im Monat Januar mit Kulanz. So haben wir mal in den ersten Tagen nach den Weihnachtsferien auch Schüler transportiert, die noch nicht die richtige Monatskarte vorweisen konnten.
Wer mit einer eCard Bus oder Zug fährt, kann ja bei einer Kontrolle keinen sichtbaren Fahrschein vorweisen. Was passiert dann?
Die eCard ist der jeweils gültige Fahrschein. Die Karte kann vom Kontrolleur mit einem speziellen Gerät gelesen werden und gibt so Auskunft darüber, ob sich ihr Besitzer beim Einsteigen eingecheckt hat.
Und wenn man beim Aussteigen vergisst, mit der eCard auszuchecken?
Das kann natürlich passieren. Das können die Kunden der Geschäftsstelle des Bodo telefonisch oder schriftlich mitteilen. Wenn sie ihre Kundennummer und Ort und Zeit des Aussteigens aus Bus oder Bahn angegeben haben, wird das im System nachgetragen. Oder wir melden uns per E-Mail beim Kunden und fragen nach.
Die Technik für die eCard ist aber in den Stadt- und Regionalbussen im Kreis Lindau noch nicht installiert. Wie erhalten eCard-Kunden dort den Rabatt?
In den Lindauer Stadtbussen erhalten Barzahler an den Automaten einen um 20 Prozent ermäßigten Fahrschein. Auch in den RBA-Bussen werden Fahrscheine mit 20 Prozent Rabatt verkauft. Die eCard dient bei Kauf und Kontrollen als Berechtigungsnachweis dafür. Als kleine Entschädigung für die Wartezeit, voraussichtlich bis zum Sommer, gewähren wir die 20 Prozent Rabatt sofort und nicht erst ab der 20. Fahrt. Sollten Kunden einen zu hohen Fahrpreis bezahlen, wird dieser durch den eCard-Service nachträglich erstattet.
Kann man beim Bodo eine Eintrittskarte, etwa fürs Theater, auch als Bahn- oder Busfahrkarte nutzen, wie es beispielsweise in Vorarlberg üblich ist?
Es ist in unserem Interesse, bestehende Kooperationen – wie das Theater-Abo in Lindau mit kostenloser Stadtbusnutzung – fortzuführen. Formal hat sich lediglich der Ansprechpartner geändert, weil Kombiticket-Vereinbarungen mit dem Verkehrsverbund abzuschließen sind. Wir haben darüber mit dem Lindauer Kulturamt noch nicht gesprochen, wollen dies aber baldmöglichst angehen.
Wieso können Kunden keine Fahrscheine für Fahrten im Bodo über die Handy-App der Deutschen Bahn kaufen?
Weil die Deutsche Bahn AG in der Vergangenheit über ihre App „Navigator“noch keine Buchungen für Verkehrsverbünde in Deutschland zuließ. Das soll sich aber ändern. Voraussichtlich ab Sommer können alle Kunden, die die DB-App auf ihrem Smartphone haben, damit auch BodoTickets kaufen. Wer bis dahin Fahrkarten für den Verkehrsverbund übers Handy buchen will, der kann sich die kostenlose App Handyticket Deutschland herunterladen. Über diese können neben rabattierten Bodo-Tickets auch Fahrscheine vieler weiterer deutscher Verkehrsverbünde gekauft werden.
Wieso kann man an den Fahrkartenautomaten in den Bahnhöfen keine Fahrscheine mit einem anderen Startort kaufen und damit zum Beispiel nicht im Voraus das Ticket für die Rückfahrt nach Hause?
Das liegt an der Zeitbindung von Bodo-Tickets: Die gelten jeweils nur 300 Minuten ab Kauf. Wer nur gelegentlich fährt, der kann die Einzel-Tageskarte kaufen: Das kostet grundsätzlich zweimal den Einzelfahrpreis, gilt aber dann den ganzen Tag lang, also auch drei- oder viermal zwischen Start- und Zielort.
Warum sind Monatskarten, etwa für Schüler, teilweise teurer geworden?
Das liegt zum einen daran, dass der Verkehrsverbund bei Zeitkarten immer vom längsten gefahrenen Weg ausgeht. Bei Schülerkarten gibt es dafür aber auch einen Mehrwert. Denn die Jugendlichen dürfen mit ihrer Monatskarte ab 13.30 Uhr und an Wochenenden das ganze Bodo-Netz befahren. Und wenn Eltern ihrem Nachwuchs die Schülermonatskarte für September bereits im Juli kaufen, dann können Sohn oder Tochter den ÖPNV im Bodo-Gebiet während des gesamten Augusts kostenlos nutzen.
Wie und wann will der Bodo die Menschen im Kreis Lindau besser informieren?
Der Verkehrsverbund will sich voraussichtlich ab Mitte März mit einem Info-Mobil in allen Gemeinden und Städten im Landkreis vorstellen. Dort wollen wir, die Bodo-Verantwortlichen, mit Bürgermeistern und Gemeinderäten genauso ins Gespräch kommen wie mit den Bürgern, die mit Bus und Bahn fahren.