Olympia in einer nicht idealen Welt
Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wollte es noch einmal gesagt haben: dass Olympische Spiele „für die Athleten da sind“und für „den Sport“. Die Idee vom völkerverbindenden, fairen Wettstreit um Zeiten und Weiten ist eine hehre. Nur: Sich vorbehaltlos an ihr erfreuen kann heutzutage kaum noch wer. In einer idealen Welt mag es den Sport um des Sports willen geben. Das reale Pyeongchang des Februar 2018 ist nicht ideal.
Das reale Pyeongchang 2018 überlagern Klagen, Urteile, Ad-hoc-Verfahren und ein befremdender Zickzackkurs des IOC in der Causa russischen Staatsdopings. Einzelne, nicht den Apparat, wollte das IOC sanktioniert sehen. Die Konsequenz: Startlisten dürften einen höchst vorläufigen Charakter haben in Südkorea. Ergebnislisten sowieso – eben erst ist die alarmierende Häufigkeit verdächtiger Blutwerte im Langlauf zwischen 2001 und 2010 bekannt geworden.
Argwohn begleitet die Leistungen bei den Winterspielen, Argwohn begleitet die Entsendung nordkoreanischer Sportler in den Süden. Eine erste Annäherung, so jäh, so unverhofft? Oder Kalkül von Machthaber Kim Jong-un, der die zunehmende Isolation seines Landes aufbrechen will? Olympia als Brückenbauer oder politisch instrumentalisiert – weisen wird es die Zukunft. Die Gegenwart: 17 Wettkampftage, an denen die Gefahr nordkoreanischer Aggression gebannt scheint. Immerhin.
Südkorea wird bemüht sein, in dieser Gegenwart guter Gastgeber zu sein. An Mitteln fehlt es im Land von Samsung und Hyundai nicht, den Gigantismus der Putin-Spiele hat man nie angestrebt. Rund zehn Milliarden Euro beträgt das Budget, ein Viertel der Rekord(un)summe von Sotschi 2014. Ein Schritt in Richtung Vernunft? In einer idealen Welt: vielleicht. Im realen Pyeongchang des Februar 2018 ist ein Stadion auf Zeit Schauplatz von Eröffnungs- und Schlussfeier – die knapp 70 Millionen Euro teure Anlage wird mangels Nachnutzung wieder zurückgebaut.
Das sei absurd? Wer das sagt, versteht Olympia nicht. Nicht mehr.