Hartes Ringen um den perfekten Motorklang
Ingenieure kreieren den Sound, der auch die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs erlebbar machen soll
MÜNCHEN/STUTTGART (dpa) Heiseres Fauchen, sattes Brabbeln oder leises Säuseln: Jeder Automotor tönt anders. Ganz gleich, ob Diesel oder Benziner, Hybrid oder Elektro. Der Sound wird dabei abgestimmt auf den Fahrzeugtyp und die Motorart. Eine Limousine soll anders klingen als ein Sportwagen, ein V8-Motor anders als ein Reihenvierzylinder. Mehr Volumen pro Zylinder lässt den Motor, je nach Auspuff, kräftiger klingen, V8 blubbern satt, Turbomotoren zwitschern beim Ablassen des Abgasdrucks. Doch was macht einen angeblich guten Sound beim Auto aus – und wie entsteht er?
Speziell abgestimmte Abgasanlage
Bei den Autos von Mercedes soll ein guter Motorklang dezent und ausgewogen sein und lediglich bei Last eine entsprechende akustische Rückmeldung geben, heißt es bei den Stuttgartern. Nur bei Sportwagen wünschten sich Fahrer eine kontinuierliche akustische Rückmeldung. BMW setzt für jeden Fahrzeugtyp speziell abgestimmte Abgasanlagen ein, um eine gezielte akustische Auslegung zu erhalten. „Die Auslegung soll komfortabel im unteren Drehzahlbereich klingen und kräftig, dynamisch, sportlich im mittleren und oberen Drehzahlbereich“, sagt Christian Stempel, Leiter Entwicklung Luftschallakustik, Sound Design und Aeroakustik bei BMW.
Die Grundlage für den Klang des Auspuffs bildet die Abstimmung des Verbrennungsmotors in Kombination mit ihm. „Ein guter Motorsound zeichnet sich durch eine ausgewogene Abstimmung aller Soundquellen aus, dazu zählen Ansaug- und Abgasmündung sowie die Motormechanik“, sagt Michael Pfadenhauer, Leiter Schwingungen und Akustik bei Porsche. Für jedes Modell setzen die Soundingenieure eigene Schwerpunkte, jedoch mit einer für den Hersteller typischen Charakteristik.
Die Soundentwicklung beginnt schon in der Frühphase mit Simulationen, lange bevor die ersten Prototypen verfügbar sind. „Mit Hilfe der Simulationen kann der Sound von Ansaug- und Abgasmündung berechnet und hörbar gemacht werden“, sagt Pfadenhauer. „Auf dieser Basis werden erste Prototypen von Abgas- und Ansauganlagen aufgebaut und deren Sound am realen Fahrzeug beurteilt“. Je nach Fahrweise seien Ausprägung und Intensität wichtig. „Bei niedriger Last und Drehzahl soll ein komfortables Fahren möglich sein.“Bei dynamischer Fahrt mit hoher Last und Drehzahl mache eine intensive Rückmeldung über den Sound die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs erlebbar. Deshalb werden seiner Meinung nach auch leistungsstarke Elektroautos künftig einen charakteristischen Sound erhalten.
Künstlicher Sound im Innenraum
Damit Motor- und Abgassound für die Insassen erlebbar werden und andere Verkehrsteilnehmer dabei nicht über Gebühr nerven, übertragen zum Teil sogenannte Soundsymposer den Klang des Ansauggeräuschs in den Innenraum. Mit Unterstützung durch die Audioanlage lässt sich ein künstlicher Sound erzeugen.
Auch bei älteren Autos kann man den Klang verändern. Am einfachsten geht das mit Sportabgasanlagen. Eine preiswerte Nachrüstlösung ist ein Sport-Endschalldämpfer, auch Austausch-Schalldämpfer genannt, sagt Harald Schmidtke, Geschäftsführer des Verbandes der AutomobilTuner (VDAT). Die Variante mit mehr Soundmöglichkeiten sei die Komplettanlage. „Einige Verbraucher hegen den Wunsch, nicht nur über ihre Kleidung ihre Individualität auszudrücken, sondern auch über ihr Fahrzeug“, sagt Schmidtke. „Es geht um eine Abgrenzung zur Serie, um automobile Persönlichkeit.“Dazu zähle auch ein guter Motorsound. Der sollte allerdings zum Fahrzeug passen. „Ein Supersportwagen mit der Soundkulisse eines Dreizylinder-Diesels wird genauso ungläubig zur Kenntnis genommen wie ein Kleinstwagen mit V8-Sound.“
Auf geprüfte Produkte achten
Der nachträgliche Einbau sogenannter Soundaktuatoren ändert ebenfalls den Klang. Diese Geräte ermöglichen – innerhalb der zulässigen Geräuschgrenzwerte – verschiedene Soundeinstellungen. „Unseres Wissens gibt es aber nur ein System mit den erforderlichen Prüfzeugnissen für den Aftermarkt“, sagt Schmidtke. Die Sound Booster beinhalten Steuergerät und Soundaktuatoren, in denen spezielle Lautsprecher den gewünschten Abgassound erzeugen.
Beim Nachrüsten sollten sich Autofahrer aber nicht jeden Auspuff unters Auto montieren. Sie sollten auf geprüfte Produkte achten. „Austausch-Schalldämpfer gehören zu den europäisch harmonisierten Produkten“, sagt Schmidtke. Geprüfte Anlagen hätten eine EG-Genehmigung und seien an einem Typschild mit E-Kennzeichnung zu erkennen. Anlagen für ältere Fahrzeuge seien durchaus noch mit den nationalen Prüfzeugnissen ABE oder mit Teilegutachten am Markt. Er empfiehlt zudem, beim Kauf die Zulässigkeit des Bauteils für den Fahrzeug- und Motortyp zu beachten, sonst gebe es bei einer nachträglichen Überprüfung Probleme.
Schutz vor Lärmbelästigung
Auch Vincenzo Lucà vom TÜV Süd rät, beim Kauf einer Anlage die Prüfnummer oder eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) zu checken: „Damit ist gewährleistet, dass sie die gesetzlichen Ansprüche erfüllt“. Wichtig sei auch eine korrekte Montage. Bei tiefergelegten Fahrzeugen sei besondere Vorsicht geboten, da die Anlage unter Umständen am Boden oder Fahrzeug anschlagen könnte.
Lucà gibt überdies den Tipp, bei einer Nachrüstung gegebenenfalls einen Prüfer nach der Zulässigkeit zu fragen. Denn bei falscher Montage oder sogar einer Manipulation der Auspuffanlage mit nachgerüsteten Abgasklappen oder fehlendem Endschalldämpfer verweigern die Behörden den amtlichen Segen – nicht zuletzt, um andere Menschen vor unnötiger und übertriebener Lärmbelästigung zu schützen. So könnte der vermeintlich schöne Motorklang nur kurz die Fahrfreude erhöhen – denn bei allgemeinen Verkehrskontrollen achten Polizisten immer mehr auf den Sound des Autos, erklärt Schmidtke.