Altes reparieren, nicht bügeln, zu Fuß gehen
Stadt Kempten, Landkreis Oberallgäu und Kirchen rufen zum „Ökumenischen Energiefasten“auf
KEMPTEN (be) - Sieben Wochen lang auf Genussmittel verzichten – das ist für viele die Zeit vor Ostern, die Fastenzeit. Doch was ist „Ökumenisches Energiefasten“? Es ist zunächst einmal die erste gemeinsame Kampagne der Stadt Kempten und des Landkreises Oberallgäu mit den beiden großen Kirchen in der Fastenzeit. Aber es ist vor allem eine Aktion mit dem Ziel, die Bürger zu motivieren, sich mit Klimaschutz und nachhaltigem Lebensstil zu beschäftigen. Dazu gibt es Tipps auf Karten (Auflage 14 000), die in Rathäusern und Kirchen ausliegen.
„Birne raus“– und gegen LED austauschen. „Zu Fuß gehen“– schont Auto und Klima. „Genuss ohne Reue“– nur nach Bedarf einkaufen. Oder „bügelfrei in der Fastenzeit“– und damit Strom sparen. So lauten die Ratschläge für „Ökumenisches Energiefasten“. Zu einem klimaschonenden Leben könne man damit im Alltag beitragen. Das haben sich auch die Initiatoren der Kampagne vorgenommen, die manchen Tipp befolgen wollen.
Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle zum Beispiel. Ungebügelte Hemden wird das Stadtoberhaupt zwar nicht tragen (und mit bügelfrei Strom sparen). Doch der Rathauschef geht oft zu Fuß und nimmt, so gut es geht, Bus und Bahn. Energiefasten bedeutet für ihn der bewusste Verzicht aus christlicher Tradition. Das Bewusstsein für Klimaschutz sei in Kempten weitaus mehr zu spüren als anderswo: „Dafür leisten wir uns eigene Personalien.“Gemeint ist Klimaschutzmanager Thomas Weiß. Jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit und statt Essen kaufen die Brotzeit mitbringen sind seine Vorsätze beim „Ökumenischen Energiefasten“. Bewusstseinsbildung ist sein Credo bei der Kampagne, hinterfragen, ob in einer Familie drei Autos sein müssen.
Dass bei dieser Aktion die Dekane, Bernhard Ehler (für die Katholiken), und Jörg Dittmar (evangelische Kirche) mit im Boot sitzen, habe einen Grund: Weil Klimaschutz nicht einfach zu vermitteln sei, erhofft man sich bei Gläubigen einen „besseren Effekt.“Darauf setzen auch die Dekane. Schließlich sei die Existenz der Menschheit durch den Klimawandel massiv gefährdet, sagt Ehler, deshalb müsse man massiv gegensteuern. Die Kampagne soll Impulse geben für Nachhaltigkeit. Dabei hat Ehler auch sein Pfarrhaus im Auge. Dort ist er ständig unterwegs, um Licht auszuknipsen, gekippte Fenster zu schließen, Heizungen abzudrehen.
Sein evangelischer Amtskollege fastet anders: Im Hause Dittmar sollen so wenige Nahrungsmittel wie möglich weggeworfen werden. Und als begeisterter Handwerker beherzigt Dittmar einen Tipp: „Diese Woche wird nichts Neues gekauft, sondern etwas Altes repariert.“Bei der Aktion gehe es nämlich auch darum, dass Verzicht Gewinn sein könne. Für Landrats-Stellvertreter Roman Haug, der in der Fastenzeit auf sein abendliches Glas Rotwein verzichtet, symbolisiert die Kampagne, dass Fasten der Versuch sein könne, Unabhängigkeit zu schaffen. Es genüge nicht, Stromleitungen zu legen, sondern man müsse sich von Abhängigkeiten befreien.