Der überraschte Weltranglistenerste
Ab März führt Boll wieder die Tischtenniswelt an – 15 Jahre nach seinem ersten Mal
DÜSSELDORF (SID/dpa) - Mit seinen knapp 37 Jahren hat Timo Boll schon viel erlebt, doch diese Nachricht wollte selbst der Tischtennis-Altmeister nicht glauben. „Als Dimitrij Ovtcharov vor wenigen Tagen zu mir kam und meinte, ich sei im März wieder die Nummer 1 der Weltrangliste, glaubte ich zunächst an einen Scherz“, wird Boll in einer Pressemitteilung seines Vereins Borussia Düsseldorf, demnächst Gegner der TTF Ochsenhausen im Halbfinale der Champions League, zitiert. Doch ein Scherz war dies aber beileibe nicht. Timo Boll ist 15 Jahre nach seinem ersten Gipfelsturm bald zum dritten Mal die Nummer eins der Tischtenniswelt – und zugleich der älteste Spieler an der Spitze der Weltrangliste. Boll löst seinen Nationalmannschaftskumpel, -Doppelpartner und Nachrichtenüberbringer Dimitrij Ovtcharov ab. Ovtcharov führte am 1. Januar erstmals die Weltrangliste an und fiel nun hinter Boll und den Chinesen Fan Zhendong auf Rang drei zurück. „Aber er kennt sich mit diesen Statistiken perfekt aus. Nun hat der Computer tatsächlich dieses Ergebnis ausgespuckt, und ich möchte eine gewisse Freude nicht verhehlen“, so Boll.
Stolze 36 Jahre und 356 Tage hatte der Rekordeuropameister auf dem Buckel, als der Weltverband ITTF am Dienstag sein neues Ranking veröffentlichte. Bislang war der Schwede Jan-Ove Waldner der älteste Weltranglistenerste – doch der zählte im Oktober 1997 fünf Jahre weniger als nun der ewig junge Boll.
Die Huldigungen ließen daher nicht lange auf sich warten. „Timo Boll hat schon längst den Status einer Legende und gehört nun immer noch zu den absolut besten Spielern der Welt“, sagte Tischtennisbund-Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb. Auch Bundestrainer Jörg Roßkopf war voll des Lobes über seinen Schützling: „Er hat nicht nur ein herausragendes Jahr 2017 gespielt, sondern im neuen Jahr auch gleich wieder auf sehr hohem Niveau begonnen.“
Ovtcharov gönnt es ihm
Den Ausschlag für Bolls Rückkehr an den Platz an der Sonne hatte sein sechster Triumph beim Europe Top 16 in Montreux Anfang Februar gegeben. Im Finale hatte er Ovtcharov bezwungen – und eben diesen verdrängte er nun auch von Position eins. Es war die erste deutsche Wachablösung an der Spitze des Rankings überhaupt, erst im Dezember hatte Ovtcharov die 81-monatige chinesische Alleinherrschaft beendet.
„Ich freue mich sehr für Timo, und persönlich ist es in diesem Fall natürlich viel schöner, dass mich ein guter Freund und nicht ein Chinese ablöst“, sagte Ovtcharov.
Erstmals war Boll im Januar 2003 die Nummer eins geworden und hatte die Spitzenposition im Sommer des gleichen Jahres nochmals für zwei Monate eingenommen. Im März 2011 hatte er sich erneut an die Spitze des Rankings gesetzt. Nach Jahren, in denen Boll auch immer wieder gesundheitliche Probleme plagten und sogar erstmals aus den Top 10 gefallen war, kämpfte er sich nun zurück nach oben.
Dabei profitierte Boll aber auch vom neuen Weltranglistensystem, das Vielspieler seit Januar begünstigt. „Ich glaube weiterhin, dass Ma Long, Fan Zhendong oder Dimitrij Ovtcharov die Besten sind, auch wenn der Computer etwas anderes sagt“, führte er bescheiden aus.