Auf Tuchfühlung mit dem Publikum
Teresa Bergman überzeugt bei ihrem Konzert im Kleinen Zeughaus
LINDAU - Moment mal, diese Stimme kommt einem doch bekannt vor, oder doch nicht? Intonationssicher wie der Gesang einer Joan Baez, von der auch kein falscher Ton belegt ist, hell, klar und dabei kraftvoll wie Claudia Koreck, die bayerische Singer-Songwriterin, dann wieder fast rauchig-dunkel, all diese Färbungen erinnern an irgendwelche Sängerinnen und dann doch wieder nicht, dabei ist die Antwort einfach: Teresa Bergman.
Einfach, aber nur für den, der sie schon einmal gehört hat. Und einfach für alle, die sie im Kleinen Zeughaus erlebt haben. Denn die werden diesen Auftritt nicht so schnell vergessen, den die in Berlin lebende Neuseeländerin mit ihrem Quartett hingelegt hat. Erstmals in Lindau hoffen Publikum wie auch Künstler, dass dies nicht der letzte Besuch war, im Gegenteil, Teresa Bergman will unbedingt in den großen Saal. Dass sie den beim nächsten Konzert füllen wird, kann als gesichert gelten, wenn sie noch etwas bekannter wird. Bis jetzt jedenfalls sind ihre Stationen auf dieser Tournee eher intime Räume oder kleinen Säle.
Dies wiederum ist kein Nachteil für Musiker wie Hörer, denn Teresa mag es intim, geht auch alleine mit ihrer akustischen Gitarre ins Publikum, um dort mitten unter den Zuhörern zu singen, oder nimmt höchstens ihren Bassist Martin Buhl und dessen Kontrabass im Schlepptau mit. Das sind Momente, die in großen Hallen nicht mehr funktionieren werden, im Zeughaussaal hingegen schon. Ein Mikrophon braucht sie da nicht wirklich, ihre Stimme ist kräftig genug, um auch leise singend hörbar zu bleiben.
Vielseitige Stimme
Kräftig, unglaublich vielseitig und mit einem enormen Umfang ausgestattet, so lässt sich Teresas Stimme umschreiben. Die Vielseitigkeit drückt sich auch im Repertoire aus, Stücke mit E-Gitarre, E-Bass oder mit Akustikgitarre und Kontrabass oder weiter gemischt sind Mittel, um Songs rockig oder funky musikalisch zu gestalten oder Folk-Atmosphäre zu verbreiten. Auch vor jazzigem Swing macht sie nicht Halt, braucht sie auch nicht, denn das passt gut, ihre Band, neben Martin Buhl sind da noch Matt Paull am Keyboard und Pier Ciaccio am Schlagzeug, geht unbeirrt alle musikalischen Wege mit.
Nun gut, den Scat-Gesang könnte sie sich ersparen, da scheitern auch genügend ausgewiesene Jazz-Sängerinnen und -Sänger, da tritt sie die Flucht nach oben an, was bedeutet, dass sie da vorher nicht erahnte Höhen stimmlich erklimmt, was aber in diesem Zusammenhang nicht sein muss. Das alles könnte nun missverstanden werden in dem Sinne, dass diese Künstlerin sich nicht festlegen könne und auf der Suche nach ihrem Stil sei. Da ist eher das Gegenteil der Fall, vermutlich greift Teresa je nach Songtext oder Stimmung beim Songschreiben in die jeweilige Schublade, die jazzige, oder die, auf der Folk steht, oder in Richtung Chanson. Sie beherrscht all diese musikalischen Ausdrucksfarben und sollte sie daher auch einsetzen, wie sie es bis jetzt auch macht. Aber sie macht noch mehr, sie beherrscht ihr Publikum, oder wem das zu hart klingt, sie verzaubert ihr Publikum, das bereitwillig ein ganzes Lied durchsummt, oder mitsingt, aufsteht, um Ausdruckstanz á la Woodstock zu üben. Der intime Rahmen liegt ihr ganz besonders, wie sie selbst eingesteht. Denn zusammen mit Bassist Martin Buhl gibt sie sehr gerne Wohnzimmerkonzerte, heißt, sie kommen zu zweit nach Hause zu denen, die sie engagieren und da warten entweder nur die oder auch noch ein paar Freunde, wie sie halt ins Zimmer passen, und lassen sich von Teresa Bergman und Martin Buhl musikalisch um die Welt chauffieren.
Nächstes Mal im großen Saal
Um die Welt reisen, das muss Teresa selbst auch, wenn sie mal nach Hause möchte, so wie jetzt über Weihnachten geschehen. Da muss sie dann erleben, dass ihre Schwester lästert, sie klinge ja schon ganz schön deutsch, muss feststellen, dass sie, bei sommerlichen Temperaturen, mit Fish and Chips bewaffnet am Strande liegend, Sehnsucht nach Berlin bekommt. Aus derlei Konflikten und Stimmungen erkennt sie eines ihrer Lieblingswörter im deutschen: Zwiespalt, für das es keine treffende Übersetzung gäbe. Das macht für sie die ständigen Probleme mit deutschem Plural und anderen Besonderheiten wieder wett. Und inhaltlich schöpft sie aus solchem Zwiespalt dann wieder neues Material für Musik und Texte, wie sie sie jetzt in erwähnten kleinen Veranstaltungsorten präsentiert, dieses Mal im Kleinen Zeughaus, nächstes Mal im großen Saal vorne, da ist sich auch das Publikum sicher.