Lindauer Zeitung

Aus Rasen werden blühende Wiesen

Gemeinde Weißensber­g fördert biologisch­e Vielfalt auf insgesamt rund 1800 Quadratmet­ern – Diverse Grünfläche­n werden umgewandel­t

- Von Ulrich Stock

WEISSENSBE­RG - Das Thema Insektenst­erben ist in aller Munde. Auch in Weißensber­g. In der Gemeindera­tssitzung am Donnerstag­abend sprachen sich die Räte für entspreche­nde Maßnahmen aus, die die biologisch­e Vielfalt in der Gemeinde erhalten und fördern sollen.

Experten sprechen von einem Verlust von über 75 Prozent bei den verschiede­nen Insektenar­ten in den vergangene­n 20 Jahren. Die Folgen sind dramatisch: Das Ökosystem ist aus dem Gleichgewi­cht. Nicht nur die Population von Tieren wie Vögel und kleineren Säugetiere­n geht zurück, auch Nutzpflanz­en wie Obstgehölz­e werden schlechter bestäubt. Dieser Entwicklun­g will die Weißensber­g gegensteue­rn und mit gutem Beispiel vorangehen, sprich die sogenannte Biodiversi­tät (biologisch­e Vielfalt) in der Gemeinde erhalten und fördern.

In einem ersten Schritt sollen drei Grünfläche­n, die der Gemeinde gehören, in artenreich­e Wiesen umgewandel­t werden. Dabei handelt es sich um Flächen am Sportplatz (nahe dem Vereinshei­m), oberhalb der Schule und am Kapellenwe­g (beim Kindergart­en), die insgesamt rund 1800 Quadratmet­er umfassen. Mit der fachlichen Begleitung wurde Simone Kern, Landschaft­sarchitekt­in aus Argenbühl, beauftragt – sie hatte in der Sitzung ihr Konzept vorgestell­t. Rund 4400 Euro haben die Räte für diese ersten Maßnahmen genehmigt. Darin enthalten sind die Kosten für den Geräteeins­atz des Maschinenr­ings, die Ansaat plus Walzen, das Saatgut und das Honorar für die fachliche Begleitung.

Bürgermeis­ter Hans Kern stellte gleich zu Anfang klar, dass dies – auch für ihn persönlich – ein „sehr wichtiges Thema“sei. Wörtlich sagte er: „Wir tun was für die, die keine Chance mehr haben.“Nach diesem ersten Schritt werde man die gesetzten Maßnahmen evaluieren und, wenn sie erfolgreic­h waren, weitere folgen lassen. Die Gemeinde besitze Flächen genug, so Kern. Denkbar sei auch, dass Besitzer von Privatgärt­en diesem Beispiel folgen. Hans Kern, Bürgermeis­ter von Weißensber­g.

Saatgut: Wichtig ist die Herkunft

Simone Kern, übrigens nicht verwandt mit dem Bürgermeis­ter, sprach bei der Präsentati­on ihres Konzepts vor allem von zwei Maßnahmen, welche die Biodiversi­tät fördern. Zum einen gelte es, die bestehende­n Grünfläche­n durch ein veränderte­s Mahd-Management zu extensivie­ren, beispielsw­eise durch weniger häufiges Mähen. Im anderen Fall gehe es darum, die Grünfläche­n in blühende Wiesen umzuwandel­n. Das heißt, sie „mit artenreich­em Wiesensaat­gut impfen“. Diese Methode sei „relativ langfristi­g angelegt“, denn dieser Prozess könne mehrere Jahre dauern. Auch der Boden müsse dafür entspreche­nd vorbereite­t werden, sagte Kern.

„Geduld bringt Vielfalt“

Ferner wies die Landschaft­sarchitekt­in darauf hin, dass es besonders wichtig sei, heimisches Saatgut zu verwenden. Sie sprach von „Regio Saatgut“, das standortge­recht sei und viele Blumen sowie Kräuter hervorbrin­ge. Ein Saatgut aus dem Baumarkt, das möglicherw­eise aus Afrika stammt, sei „unbrauchba­r für die heimische Insektenwe­lt“. Diese Samen seien meist nur einjährig, ließen also die Wiese nur eine Saison lang blühen. Ein Biodiversi­tätskonzep­t müsse „ökologisch, ästhetisch, ökonomisch und nachhaltig“sein, betonte die Fachberate­rin und schloss mit dem Motto „Geduld bringt Vielfalt.“

Zum Thema Biodiversi­tät meldete sich am Schluss der Sitzung auch ein Zuhörer, Steffen Warzeder aus Weißensber­g, zu Wort. Er forderte die Räte auf, das umstritten­e Pflanzensc­hutzmittel Glyphosat auf dem Gemeindege­biet zu verbieten. Worauf Bürgermeis­ter Kern antwortete: „Wir als Gemeinde können ein solches Verbot nicht beschließe­n.“Gleichzeit­ig wies er darauf hin, dass die Gemeinde selbst kein Glyphosat verwendet.

„Wir haben Flächen ohne Ende, wo der Rasenmäher alle 14 Tage drübergeht.“

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FOTO: UST Simone Kern begleitet die Gemeinde Weißensber­g bei den Maßnahmen zur Biodiversi­tät.

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